„Infektionsprävention ist
der bessere Weg“

Am „Tag der Patientsicherheit“ lud der Bundesverband Medizintechnologie BVMed zu einem digitalen „Gesprächskreis Gesundheit“ ein und diskutierte mit den Experten Strategien und Ansätze zur Vermeidung von behandlungsassoziierten (nosokomialen) Infektionen in Kliniken, Heimen und Praxen.

Für Kordula Schulz-Asche, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90 / Die Grünen, war dabei eins klar: „Hygiene muss ein fester Bestandteil in den Arbeitsabläufen sein – nicht nur in Krankenhäusern und Heimen, sondern auch in der ambulanten Pflege“, forderte Schulz-Asche. Die gelernte Krankenschwester, die auch viele Jahre in der Entwicklungshilfe in Afrika tätig war, ist Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion für Pflege- und Altenpolitik sowie Berichterstatterin für Infektionsschutz.

Die Zahl von 20.000 Todesfällen jedes Jahr in Deutschland durch nosokomiale Infektionen zeige das Ausmaß des Problems, sagte die Grünen-Politikerin in der BVMed-Runde. „Wir müssen hier sehr viel stärker mit Infektionspräventions-Maßnahmen tätig werden. Unabhängig von der COVID-19-Pandemie muss der Infektionsschutz eine größere Rolle spielen. Infektionsprävention ist für die Patientensicherheit der bessere Weg.“

Die COVID-19-Pandemie habe die Probleme im Brennglas gezeigt. Nun müsse man aus den Fehlern lernen, so Schulz-Asche. „Die Besuchsverbote sind aus meiner Sicht ein großer Fehler gewesen, denn Isolation hat auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Wir brauchen hier gute Besuchskonzepte, die Hygiene und Infektionsprävention berücksichtigen.“ Aus den Engpässen bei der medizinischen Schutzausrüstung folgt, dass die heimische Produktion gestärkt werden müsse. Zudem forderte die Grünen-Politikerin eine Testung des Pflege- und Gesundheitspersonals sowie der Risikogruppen mit erhöhter Mortalität im 14-Tage-Abstand.

Kordula Schulz-Asche
Kordula Schulz-Asche, Bundestagsabgeordenete Bündnis 90 / Die Grünen

Sicherheit für alle

Auch Dr. Ilona Köster-Steinebach, Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS), bezeichnete in der BVMed-Runde die Infektionsprävention als einen wichtigen Teil der Patientensicherheit. „Wir müssen das Thema aus Sicht der betroffenen Patienten heraus denken. Die Versorgung der Patienten muss im Laufe des gesamten Prozesses gewährleistet sein“, so Köster-Steinebach. Das Problem sei sehr viel größer als öffentlich bekannt, wenn man beispielsweise auf die vielen Todesfälle durch Sepsis schaut. Ihr Appell: „Niemand ist sicher, so lange nicht alle sicher sind.“

Oberstes Ziel muss es nach Ansicht des BVMed sein, durch adäquate Hygiene in Krankenhäusern, Heimen und Praxen schwere Schäden, Behinderungen und Todesfälle bei Patienten zu vermeiden. Ebenso muss für Mitarbeiter im medizinischen Bereich ein entsprechender Infektions- und Arbeitsschutz gewährleistet werden.

Positionspapier des BVMed

Initiator des BVMed-Gesprächskreises am 17. September 2020 war der BVMed-Fachbereich „Nosokomiale Infektionen“ (FBNI). Die Sprecherinnen des Fachbereichs stellten im Rahmen des Events das aktuelle Positionspapier zur Infektionsvermeidung mit dem Titel „Infektionen vermeiden – bewusst handeln“ und dem Anspruch, dass Infektionsprävention künftig eine dauerhafte gesundheitspolitische Priorität werden muss.

„Der BVMed fordert unter anderem, sich auf europäischer Ebene das Ziel zu setzen, in den nächsten fünf Jahren 20 Prozent der nosokomialen Infektionen zu vermeiden und diese Zahl auch mit einem jährlichen Bericht zu monitoren“, so BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.