DESINFACTS | Ausgabe 2/2022

Digital schützt besser! Mit automatisiertem Händehygiene-Monitoring Infektionsrisiken senken DESINFACTS AUSGABE 02/2022

PRAXIS Mit automatisierten Lösungen fit für die Zukunft 04 Neue VAH-Anforderung für hygienische Hände-Desinfektionsmittel 06 Affenpocken, Vogelgrippe & Co. 14 Wissenswertes zum Thema Handschuhdesinfektion 16 Aufbereitung transvaginaler Ultraschallsonden 18 Neue KRINKO-Empfehlung 23 Aktion für Apotheken 23 STUDIEN Das Mikrobiom im Krankenhaus 07 Neues aus der Wissenschaft 22 Digitale Lösungen von HARTMANN wie das automatisierte Händehygiene-Monitoring helfen, Infektionsrisiken in Gesundheitseinrichtungen zu minimieren: Die Desinfektionsmittelspender sind mit Sensoren und das Stationspersonal mit Transpondern ausgestattet. Die aggregierten Ergebnisse können in Echtzeit graphisch auf Bildschirmen angezeigt werden. FORUM CLEAN HOSPITALS DAY am 20.10. 08 Langzeitfolgen nosokomialer und anderer schwerer Infektionen 10 „Patientenzimmer der Zukunft“ nun als Studien- und Reallabor 15 POSTER Wirksamkeiten von Desinfektionsmitteln 12 WISSEN 200 Jahre Louis Pasteur 20

3 Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, digitale Anwendungen können die Hygiene in vielen Bereichen verbessern. Beispielsweise kann ein automatisches Händehygiene- Monitoring-System Ihnen verlässliche Daten zur Compliance der Händehygiene in Ihrer Einrichtung bereitstellen. Und das in Echtzeit. Wir stellen Ihnen ein solches Monitoring-System auf den nachfolgenden Seiten in dieser Ausgabe vor. Dort erfahren Sie auch, wie sich NosoEx® – so der Name des Systems – in unser digitales Gesamtkonzept einfügt. Daran, dass auch die Flächendesinfektion in Kliniken und Gesundheitseinrichtungen nicht vernachlässigt werden darf, erinnert uns der CLEAN HOSPITALS DAY jeden 20. Oktober. Doch gerade beim hygienischen Reinigen von Flächen ist noch „viel Luft nach oben“, sagt unser Dr. Marco Krewing im Interview in der Mitte dieses Magazins. Als Vertreter des HARTMANN SCIENCE CENTERs hat er die Konferenz anlässlich des Aktionstages in Genf besucht – und auch Lösungen mitgebracht. Schließlich möchten wir noch an einen Mann erinnern, dessen Geburtstag sich Ende Dezember zum zweihundertsten Male jährt: Er war ein Universalforscher, der die Medizin revolutioniert und Millionen Menschen das Leben gerettet hat. Zudem hat er vor rund 150 Jahren Einfluss auf die Entwicklung der heutigen PAUL HARTMANN AG genommen. Ohne ihn würden wir wahrscheinlich jetzt nicht dieses Editorial für Sie schreiben. Wissen Sie schon, wer es ist? Ihre Dr. Heide Niesalla Head of HARTMANN SCIENCE CENTER Dr. Henning Mallwitz Director Research & Development Dr. Heide Niesalla Dr. Henning Mallwitz

PRAXIS 4 Mit automatisierten Lösungen fit für die Zukunft Digitale Hygiene-Anwendungen Mit NosoEx® wird Händehygiene im Krankenhaus transparent Händehygiene gilt gemeinhin als eine der zentralen Maßnahmen zur Vermeidung nosokomialer Infektionen. Damit diese wirksam ist, müssen nicht nur leistungsstarke Hände-Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen, sondern auch alle Beschäftigten mitmachen. Die durchschnittliche Händehygiene-Compliance (HHC) in deutschen Krankenhäusern liegt aber nur zwischen 41-55 % [1] und ist somit in jedem Fall verbesserungswürdig. Es wird geschätzt, dass eine 10%ige Steigerung der HHC nosokomiale Infektionen um 6-15 % senken könnte [2, 3]. Um die HHC zu verbessern und damit nosokomiale Infektionen zu bekämpfen, hat das Unternehmen GWA Hygiene GmbH aus Stralsund die digitale Anwendung NosoEx® entwickelt. Aufgrund des gemeinsamen Ziels, nosokomiale Infektionen zu bekämpfen, haben HARTMANN und GWA Hygiene eine Partnerschaft geschlossen, die es HARTMANN ermöglicht, NosoEx® zu vertreiben. Aber was ist NosoEx® eigentlich? Als HändehygieneMonitoring-System erfasst es rund um die Uhr sämtliche Händedesinfektionen in der Klinik und stellt die Ergebnisse in intuitiv Nicht erst seit der COVID-19-Pandemie schreitet die Digitalisierung in Deutschland mit großen Schritten voran. Gerade im Bereich Gesundheit und Hygiene wurden in den letzten Jahren zahlreiche Entwicklungen vorangetrieben, die zukünftig nicht mehr wegzudenken sein werden. Deswegen setzt HARTMANN im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes zur Vermeidung nosokomialer Infektionen verstärkt auf digitale Lösungen, wie das automatische Händehygiene-Monitoring NosoEx® sowie weitere mobile Anwendungen. bedienbaren Dashboards zur Verfügung. Da dies automatisch geschieht, reduziert sich der sogenannte Hawthorne-Effekt – die Verhaltensänderung, die durch direkte Beobachtung auftritt. Zugleich können bislang schlecht erfassbare Situationen (z. B. nachts und an Wochenenden) beobachtet und neue Informationen (z. B. Abgabemenge pro Händedesinfektion) gewonnen werden. Außerdem identifiziert das System schnell Desinfektionsmittelspender mit kritischem Füllstand, so dass die Gebinde getauscht werden können. Ermöglicht wird dies durch Sensoren, die sowohl mit Wand- als auch Point-of-Care-Spendern und mobilen Flaschen kompatibel sind und alle Händedesinfektionen erfassen. Optional können vom Stationspersonal getragene Transponder genutzt werden, die die gewonnenen Daten anonym nach Berufsgruppen (z. B. Pflege, Ärzt/innen, Therapeut/innen) differenzieren. Alle erfassten Daten werden auf einen Server in einem zertifizierten Rechenzentrum in Deutschland übertragen, ausgewertet und dem Krankenhaus in einem Online-Dashboard zur Verfügung gestellt. 1. Sensormodul 2. Transponder 3. Data Hub So funktioniert NosoEx® 1. Ihre bestehenden Spender werden mit Sensormodulen ausgestattet und erfassen sämtliche Desinfektionen und Abgabemengen automatisch. 2. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten Transponder, die eine Analyse des Händedesinfektionsverhalten nach Berufsgruppen ermöglichen. 3. Die Daten werden an einen Data Hub übertragen und von dort zur Auswertung an ein zertifiziertes deutsches Rechenzentrum übertragen.

5 PRAXIS Quellen: 1. Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) (2016) Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl;59: 1189–1220. https://doi.org/10.1007/s00103-016-2416-6 2. Grayson ML et al. (2018) Effects of the Australian National Hand Hygiene Initiative after 8 years on infection control practices, health-care worker education, and clinical outcomes: a longitudinal study. Lancet Infect Dis;18: 1269–1277. https://doi.org/10.1016/s1473-3099(18)30491-2 3. Sickbert-Bennett EE et al. (2016) Reduction of Healthcare-Associated Infections by Exceeding High Compliance with Hand Hygiene Practices. Emerg Infect Dis;22: 1628–1630. https://doi.org/10.3201/eid2209.151440 4. https://www.nrz-hygiene.de/KISS-Modul/KISS/HAND (abgerufen am 08.09.2022) Erste gemeinsame NosoEx®-Studie von HARTMANN und GWA Hygiene bestätigt Erfolg Das NosoEx®-System wird bereits von etlichen deutschen Gesundheitseinrichtungen genutzt und wurde außerdem in einer ersten gemeinsamen Pilotstudie der beiden Partner HARTMANN und GWA Hygiene über 7 Monate auf zwei Stationen der Sozialstiftung Bamberg getestet. Um aussagekräftige Vergleichsdaten zu generieren, wurde die Kontrollstation nur mit Sensorik an den Spendern ausgestattet, während die Interventionsstation Spendersensorik sowie nach Berufsgruppen unterschiedene Transponder erhielt. Außerdem zeigte ein Monitor im Stationszimmer dem Personal der Interventionsstation stets ihre aktuellen NosoEx®-Daten als Feedback an. Das Ergebnis: Auf der Interventionsstation erhöhten sich die Anzahl Händedesinfektionen um 11,2 %, die Abgabemenge pro Händedesinfektion um 16,3 % und der Verbrauch an Händedesinfektionsmittel um 23,2 % im Vergleich zur Kontrollstation (s. Abb.). Ergebnisse der Personalbefragung (Vorher-Nachher-Vergleich) zeigten außerdem, dass zwei Drittel der Befragten sich durch NosoEx® stärker zur Nachverfolgung der eigenen Händehygiene motiviert fühlten und 77 % für eine dauerhafte Einführung des Systems offen sind. Auch Lena Schomakers, Projektleiterin Krankenhaushygiene und Public Health des HTK Hygiene Technologie Kompetenzzentrums in Bamberg, äußerte sich im Interview durchweg positiv zum System: „NosoEx® beeinflusst die Sichtbarkeit von Hygiene auf der Station positiv. Ich denke, dass alle durch den FeedbackMonitor und die Transponder täglich an die Wichtigkeit der Händehygiene erinnert wurden. Noch besser wäre es, wenn nicht nur zwei Stationen, sondern ein ganzes Krankenhaus damit ausgestattet würden. Wenn alle im gleichen Boot sitzen, motivieren sich die Stationen gegenseitig.“ Deshalb könne NosoEx® ein wichtiger Baustein einer guten HHC sein, betonte sie abschließend. Seit August 2022 wird das System nun durch HARTMANN nach und nach in interessierten Kliniken in Deutschland implementiert. Weitere Pilotstudien sind ebenfalls im Gange. Hier erfahren Sie mehr über unsere digitalen Lösungen: https://nosoex.com/ https://www.hartmann.info/de-de/missioninfection-prevention/observe-my-hygienesop-empathy-is-key https://www.hartmann.info/de-de/ loesungen/l/de/fuer-klinik/m-ip/m-ip-loesungen/myhygiene-sop-fuer-bessere-pflege HARTMANN Hygiene Plattform: Weitere digitale Module runden das Hygiene-Monitoring ab So erfolgsversprechend die alleinige Nutzung von NosoEx® bereits ist: Noch interessanter wird das Hygiene-Monitoring im Zusammenspiel mit weiteren Anwendungen. Um diese zu vereinen, steht Anwender/innen die HARTMANN Hygiene Plattform zur Verfügung, die derzeit die Module „Observe“ und „My Hygiene SOP“ zusammenführt. Mit dem Observe-Modul kann die HHC der 5 Momente der Händehygiene erfasst und ausgewertet werden. Durch die Verknüpfung mit dem Surveillance-Modul HAND-KISS des NRZ [4] wird eine vollumfassende Betrachtung der Händehygiene möglich. Bei der „My Hygiene SOP“ steht die Hygiene-Compliance bei Standard-Arbeitsprozessen im Fokus. Die visuelle Darstellung komplexer Prozesse bricht diese in einzelne und praktikable Schritte und bringt sie in eine logische Abfolge. Dadurch kann die Einhaltung der einzelnen Teilschritte beobachtet, erfasst und ausgewertet werden. Die erhöhte Transparenz erlaubt es somit, gezielte Maßnahmen zur Infektionsprävention abzuleiten. Sowohl „Observe“ als auch „My Hygiene SOP“ zeichnen die Daten anonym auf, werten sie automatisch aus und stellen sie anschaulich grafisch dar, so dass sie eine große Zeitersparnis für das Personal bedeuten. Während die HARTMANN Hygiene Plattform in Deutschland, Tschechien und Slowakei schon zur Nutzung bereitsteht, folgen Österreich, Schweiz, Spanien, Ungarn und die Niederlande mit Anwendungen in den jeweiligen Landessprachen in Kürze. Selbstverständlich arbeiten wir daran, unsere digitalen Lösungen zukünftig auf einer Plattform zusammenzuführen. Dank dieser Plattform können Hygieneabteilungen die Hygiene- Compliance ihrer Krankenhäuser auf umfangreiche Weise beobachten und analysieren, um bei Bedarf zielgerichtete Interventionsmaßnahmen einzuleiten. Zunahme in % Prozentuale Zuhnahme Interventions-vs. Kontrollstation 25 20 15 10 5 0 HD: Händedesinfektion; HDM: Hände-Desinfektionsmittel Anzahl HD Abgabemenge pro HD Verbrauch HDM

6 Neue VAH-Anforderung für hygienische Hände-Desinfektionsmittel Volumenangabe bei Listung erforderlich Die Desinfektionsmittel-Kommission im Verband für Angewandte Hygiene (VAH) hat im November 2021 die neue Anforderung zur Volumenangabe bei der Listung hygienischer Hände-Desinfektionsmittel veröffentlicht [1]. Diese zusätzliche Angabe dient der Transparenz und erleichtert Anwender/innen die Auswahl geeigneter Hände-Desinfektionsmittel [2]. Inzwischen sind die ersten Angaben auch in den Listen integriert. Warum wird das Volumen jetzt angegeben? In den eingereichten Prüfberichten der Hersteller wurden zunehmend Mengen angegeben, die von den bisher bewährten 3 ml abweichen und pro hygienischer Händedesinfektion 4-6 ml vorgeben. Die hygienische Händedesinfektion ist jedoch nur wirksam, wenn die vom Hersteller vorgegebene Menge verwendet wird und die vollständige Benetzung der Hände über die Einwirkzeit sichergestellt ist. Etabliert für die hygienische Händedesinfektion sind 3 ml.* Darauf sind die Arbeitsprozesse und Spendersysteme in Gesundheitseinrichtungen ausgerichtet. Eine Verschlechterung der etablierten Menge von 3 ml, beispielsweise auf 2 x 3 ml, erhöht den Aufwand für das Personal sowie den Verbrauch und die Kosten der Hände-Desinfektionsmittel. Außerdem kann sich die erschwerte Anwendung auf die Händehygiene-Compliance und damit auf die Patientensicherheit auswirken. Durch die Volumenangabe, die nun sukzessive bei Neuanträgen und Rezertifizierungen umgesetzt wird, erkennen Anwender/innen gleich, welche Hände-Desinfektionsmittel die erforderliche Wirksamkeit aufweisen und den geltenden Anforderungen gerecht werden. Gut zu wissen: Sterillium®, Sterillium® classic pure und Sterillium® med sind bereits nach der neuen Vorgabe zertifiziert und in der VAH-Liste mit 3 ml in 30 Sekunden für die hygienische Händedesinfektion gelistet [2]. PRAXIS Pflichttexte für Arzneimittel in Deutschland gemäß Heilmittelwerbegesetz (HWG) Sterillium: Wirkstoffe: Propan-2-ol, Propan-1-ol, Mecetroniumetilsulfat. Zusammensetzung: 100 g Lösung enthalten: Wirkstoffe: Propan-2-ol 45,0 g, Propan-1-ol 30,0 g, Mecetroniumetilsulfat 0,2 g. Sonstige Bestandteile: Glycerol 85 %, Tetradecan-1-ol, Duftstoffe, Patentblau V 85 %, Gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur hygienischen und chirurgischen Händedesinfektion. Zur Hautdesinfektion vor Injektionen und Punktionen. Gegenanzeigen: Für die Desinfektion von Schleimhäuten nicht geeignet. Nicht in unmittelbarer Nähe der Augen oder offener Wunden anwenden. Überempfindlichkeit (Allergie) gegen einen der Inhaltsstoffe. Nebenwirkungen: Gelegentlich kann eine leichte Trockenheit oder Reizung der Haut auftreten. In solchen Fällen wird empfohlen, die allgemeine Hautpflege zu intensivieren. Allergische Reaktionen sind selten. Warnhinweise: Sterillium soll nicht bei Neu- und Frühgeborenen angewendet werden. Erst nach Auftrocknung elektrische Geräte benutzen. Nicht in Kontakt mit offenen Flammen bringen. Auch nicht in der Nähe von Zündquellen verwenden. Flammpunkt 23 °C, entzündlich. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Präparates ist mit Brand- und Explosionsgefahren nicht zu rechnen. Nach Verschütten des Desinfektionsmittels sind folgende Maßnahmen zu treffen: sofortiges Aufnehmen der Flüssigkeit, Verdünnen mit viel Wasser, Lüften des Raumes sowie das Beseitigen von Zündquellen. Nicht rauchen. Im Brandfall mit Wasser, Löschpulver, Schaum oder CO2 löschen. Ein etwaiges Umfüllen darf nur unter aseptischen Bedingungen (Sterilbank) erfolgen. Sterillium classic pure: Wirkstoffe: Propan-2-ol, Propan-1-ol, Mecetroniumetilsulfat. Zusammensetzung: 100 g Lösung enthalten: Wirkstoffe: Propan-2-ol 45,0 g, Propan-1-ol 30,0 g, Mecetroniumetilsulfat 0,2 g. Sonstige Bestandteile: Glycerol 85 %, Tetradecan-1-ol, Gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur hygienischen und chirurgischen Händedesinfektion. Zur Hautdesinfektion vor Injektionen und Punktionen. Gegenanzeigen: Für die Desinfektion von Schleimhäuten nicht geeignet. Nicht in unmittelbarer Nähe der Augen oder offener Wunden anwenden. Überempfindlichkeit (Allergie) gegen einen der Wirkstoffe oder der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Gelegentlich kann eine leichte Trockenheit oder Reizung der Haut auftreten. In solchen Fällen wird empfohlen, die allgemeine Hautpflege zu intensivieren. Allergische Reaktionen sind selten. Warnhinweise: Die Händedesinfektion dient der gezielten Vermeidung einer Infektionsübertragung z. B. in der Krankenpflege. Sterillium classic pure soll nicht bei Neu- und Frühgeborenen angewendet werden. Die Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern soll erst nach ärztlicher Rücksprache erfolgen. Ein Kontakt der Lösung mit den Augen muss vermieden werden. Wenn die Augen mit der Lösung in Berührung gekommen sind, sind sie bei geöffnetem Lidspalt mehrere Minuten mit fließendem Wasser zu spülen. Ein Umfüllen von einem Behältnis in ein anderes soll vermieden werden um eine Kontamination der Lösung zu vermeiden. Wenn Umfüllen unvermeidbar ist, darf es nur unter aseptischen Bedingungen (z. B. Benutzung von sterilen Behältnissen unter Laminar Air Flow) erfolgen. Erst nach Auftrocknung elektrische Geräte benutzen. Nicht in Kontakt mit offenen Flammen bringen. Auch nicht in der Nähe von Zündquellen verwenden. Flammpunkt 23 °C, entzündlich. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Präparates ist mit Brand- und Explosionsgefahren nicht zu rechnen. Nach Verschütten des Desinfektionsmittels sind folgende Maßnahmen zu treffen: sofortiges Aufnehmen der Flüssigkeit, Verdünnen mit viel Wasser, Lüften des Raumes sowie das Beseitigen von Zündquellen. Nicht rauchen. Im Brandfall mit Wasser, Löschpulver, Schaum oder CO2 löschen. Sterillium med: Wirkstoff: Ethanol. Zusammensetzung: 100 g Lösung enthalten: Wirkstoff: Ethanol 99 % 85,0 g, Sonstige Bestandteile: Butan-2-on, 1-Propanol (Ph. Eur.), Tetradecan-1-ol, Glycerol 85 %, Gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur hygienischen und chirurgischen Händedesinfektion. Gegenanzeigen: Nicht in unmittelbarer Nähe der Augen oder offener Wunden anwenden. Hinweis: Bei Kontakt der Lösung mit den Augen sollten die geöffneten Augen für einige Minuten mit fließendem Wasser gewaschen werden. Nicht bei Überempfindlichkeit (Allergie) gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile anwenden. Nebenwirkungen: Gelegentlich kann eine leichte Trockenheit oder Reizung der Haut auftreten. In solchen Fällen wird empfohlen, die allgemeine Hautpflege zu intensivieren. Allergische Reaktionen sind selten. Warnhinweise: Nur äußerlich anwenden. Aufgrund des Gehaltes an Alkohol kann häufige Anwendung des Arzneimittels auf der Haut Reizungen oder Entzündungen verursachen. Nicht in Kontakt mit offenen Flammen bringen. Von Zündquellen fernhalten – nicht rauchen. Flammpunkt nach DIN 51755: ca. 16 °C, leichtentzündlich. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Präparates ist mit Brand- und Explosionsgefahren nicht zu rechnen. Nach Verschütten des Desinfektionsmittels sind folgende Maßnahmen zu treffen: sofortiges Aufnehmen der Flüssigkeit, Verdünnen mit viel Wasser, Lüften des Raumes sowie das Beseitigen von Zündquellen. Im Brandfall mit Wasser, Löschpulver, Schaum oder CO2 löschen. Ein etwaiges Umfüllen darf nur unter aseptischen Bedingungen (Sterilbank) erfolgen. BODE Chemie GmbH, Melanchthonstraße 27, 22525 Hamburg (Stand 06/2015) HARTMANN SCIENCE CENTER hartmann-science-center.com Fachberatung Unsere Expertinnen und Experten beraten Sie zu unseren Produkten und zu Themen rund um die Desinfektion, Hygiene und Infektionsschutz. science-center@hartmann.info Tel.: +49 (0)40 - 54 00 6 -111 Quellen: 1. Desinfektionsmittel-Kommission im VAH (2021) Volumenangabe bei der Listung von hygienischen Händedesinfektionsmitteln. Hyg Med 46: 242–243. (Stand: 1. November 2021). https://vah-online.de/files/download/vah-mitteilungen/VAH%20Volumenangabe_Haendedesinfektion_HM_11_21.pdf (abgerufen am 31.08.2022) 2. https://vah-liste.mhp-verlag.de/ (abgerufen am 31.08.2022) *Volumen abhängig von der Testung nach EN 1500

7 STUDIEN Frühe Besiedelung nicht nach dem Zufallsprinzip Das Mikrobiom im Krankenhaus Unter demMikrobiom versteht man die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die einen genau definierten Lebensraummit bestimmten Eigenschaften – also Mensch, Tier oder auch Innenraum – besiedeln [1]. Da der moderne Mensch einen Großteil seiner Zeit in geschlossenen Räumen verbringt, beeinflussen sich auch die Mikrobiome von Mensch und Raum gegenseitig und es kommt zu einem ständigen Austausch von Mikroorganismen. Gerade das Mikrobiom in Krankenhäusern wirkt sich entscheidend auf die Gesundheit aus, weil es nosokomiale Infektionen und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beeinflussen kann. Wie sich das Mikrobiom auf einer neu eröffneten Krankenhausstation über 30 Wochen nach der Erstaufnahme von Patientinnen und Patienten verändert, untersuchte kürzlich eine longitudinale Studie an der Berliner Charité [2]. domonas sp. (Fußboden), E. coli und S. aureus (Türgriff) sowie Veillonella rogosae und Streptococcus sp. (Waschbecken) zu den häufigsten Spezies. Auch wenn kein Anstieg pathogener Bakterien festgestellt wurde, nahmen Antibiotika-Resistenz-Gene (ARG) in typischen Keimen der Fußbodenproben kontinuierlich zu. Allerdings ist unklar, ob diese aus lebenden Bakterien stammten und überhaupt von humanpathogenen Bakterien integriert werden könnten Die Studie gibt interessante neue Einblicke in verschiedene Aspekte des Umweltmikrobioms im klinischen Umfeld. Auch wenn die genaue Bedeutung einiger Ergebnisse, wie z. B. der Zunahme von ARG, nicht klar ist, können die Ergebnisse dazu beitragen, Strategien zur Infektionskontrolle in Gesundheitseinrichtungen anzupassen. Fußböden, Türgriffe und Waschbecken im Visier Um die Dynamik der Besiedelung durch Mikroorganismen zu verstehen, nahm das Forschungsteam vor der Eröffnung und in den ersten 30 Wochen nach Belegung wöchentlich Proben. Ausgewählt wurden drei verschiedenen Standorte in Patientenzimmern, an denen viele und diverse Organismen zu finden sind: Fußboden, Türgriff und Waschbecken. Die Proben wurden jeweils in neun Patientenzimmern der Station genommen, und zwar mindestens zwei Stunden nach der täglichen Desinfektion. Zum Vergleich mit dem Mikrobiom der Patient/innen wurden zusätzlich insgesamt 408 Abstriche (nasal, rektal sowie von Ellenbogen und Handflächen) gesammelt. Anschließend untersuchte das Team alle gesammelten Proben sowie Negativkontrollen mittels genetischer Methoden auf die Keimzusammensetzung und führte Netzwerkanalysen zum Erkennen nicht-zufälliger Interaktionen durch [2]. Mikrobiom nach wenigen Wochen weitgehend stabil Die Analysen zeigten, dass Diversität und bakterielle Biomasse der Flächenproben vor allem in den ersten 7 Wochen zunahmen. In dieser Anfangszeit fand auch ein besonders hoher Austausch zwischen Umgebung und Patientenmikrobiom statt. Anschließend blieb das Mikrobiom weitestgehend stabil, unabhängig von den neu aufgenommenen Patienten und deren individuellen Mikrobiomen. Gegen Studienende wurde eine leichte Abnahme der Biomasse beobachtet, was vermutlich saisonal bedingt gewesen ist [2]. Kein Anstieg pathogener Keime, aber mehr Antibiotika-Resistenz-Gene in Fußbodenproben Während anfangs Flavobakterien imMikrobiom aller drei Standorte dominierten, zählten später Acinetobacter sp. und PseuQuellen: 1. Berg G et al. (2020) Microbiome definition re-visited: old concepts and new challenges. Microbiome;8: 103. https://doi.org/10.1186/s40168-020-00905-x 2. Klassert TE et al. (2021) Bacterial colonization dynamics and antibiotic resistance gene dissemination in the hospital environment after first patient occupancy: a longitudinal metagenetic study. Microbiome;9: 169. https://doi.org/10.1186/s40168-021-01109-7 Fußboden Anzahl Antibiotika-Resistenz-Gene Wochen 10 15 20 Türgriff 0 1 3 5 Waschbecken 7 11 16 23 30 0 Ausbreitung von Antibiotika-Resistenz-Genen (ARG) an den drei Standorten im Zeitverlauf [2] 5

8 FORUM CLEAN HOSPITALS DAY am 20.10. „Richtiges Reinigen ist aktiver Infekti Beim Schutz vor nosokomialen Infektionen ist die komplette Klinik gefragt. Der CLEAN HOSPITALS DAY am 20. Oktober macht sich daher für eine verbesserte Krankenhaushygiene stark. Doch gerade beim hygienischen Reinigen von Flächen ist noch „viel Luft nach oben“, findet der Mikrobiologe Dr. Marco Krewing. Als Vertreter des HARTMANN SCIENCE CENTER (HSC) nahm der Experte für Flächenhygiene an der „Clean Hospitals Day International Conference“ teil, die am Aktionstag in Genf stattfand. Herr Dr. Krewing, die CLEAN HOSPITALS Initiative setzt sich unter anderem für Verbesserungen im Bereich der Krankenhausreinigung ein. Wird denn das hygienische Reinigen im Gesundheitswesen immer noch unterschätzt? „Beim Reinigen der Hände und der Händedesinfektion sind wir schon auf einem sehr guten Weg. Das ist mittlerweile in den Köpfen angekommen. Und es wird auch häufig und gut gemacht. Die Flächendesinfektion wird allerdings immer noch vernachlässigt. Dabei darf das Gesundheitsrisiko durch mangelhafte Flächenhygiene nicht unterschätzt werden, viele Krankheitserreger können sehr lange auf Oberflächen infektiös bleiben. In diesem Fall und bei vielen weiteren Erregern gilt: Richtiges Reinigen ist aktiver Infektionsschutz! Die Flächenhygiene ist zwar nur ein Baustein der gesamten CLEAN HOSPITALS Initiative, wenn man aber bei der Händehygiene schon eine gute Compliance hat, ist Flächenhygiene Die internationale CLEAN HOSPITALS Initiative wurde 2018 gegründet. Partner aus Wissenschaft, Industrie, Nichtregierungsorganisationen und Regierungsstellen arbeiten darin zusammen. Ziel ist es, die Hygiene in der Krankenhausumgebung zu erhöhen und die Sichtbarkeit des Krankenhausumfelds in der Patientenversorgung zu verbessern. CLEAN HOSPITALS ist eine unabhängige Informationsquelle sowohl für Hygiene-Spezialisten als auch für die Öffentlichkeit. Die Initiative forscht zur Flächenreinigung und erstellt Schulungs- und Zertifizierungsprogramme sowie evidenzbasierte Empfehlungen. HARTMANN unterstützt die CLEAN HOSPITALS Initiative als teilnehmender Partner. Denn als führender Hersteller von Produkten zur Hände- und Flächendesinfektion, Hautpflege und Hautantiseptik haben wir uns ganz dem Ziel der Infektionsprävention verschrieben. Bei CLEAN HOSPITALS engagiert sich HARTMANN in der Arbeitsgruppe „Mapping Guidelines“ und erstellt mit Partnern Positionspapiere und Empfehlungen für Fragestellungen, bei denen die existierenden Leitlinien nicht eindeutig sind. In der Arbeitsgruppe „Transposable Model“ arbeiten wir mit an der Entwicklung eines Analyse-Tools für die Krankenhaushygiene. HARTMANN und die internationale CLEAN HOSPITALS Initiative Dr. Marco Krewing, Applied Scientist im HARTMANNSCIENCECENTER w weniger nosokomiale Infektionen w interdisziplinärer Austausch w besserer Arbeitsschutz w weniger Antibiotika- resistenzen Arbeitsgruppe Mapping Guidelines Ziel: Wissenslücken schließen/ fachliche Konflikte klären w Modell zur Analyse der Hygienesituation w Hilfe beim Planen von Verbesserungen w Schlüsselfaktoren für Hygienestandard identifizieren Arbeitsgruppe Transposable Model Ziel: ein Analyse-Tool für Krankenhausreinigung

9 FORUM ionsschutz!“ der Bereich, in demmit wenigen und einfachen Maßnahmen noch ein großer Zugewinn an Sicherheit für Patienten und Personal erreicht werden kann. Kurz: Bei der Flächendesinfektion ist häufig noch Luft nach oben!“ Die CLEAN HOSPITALS Initiative engagiert sich weltweit. Braucht es globale Reinigungs-Standards? „Es ist wichtig, im Gesundheitswesen allgemein anerkannte Reinigungs-Standards zu haben. Gerne auch auf internationaler Ebene. Gerne auch weltweit. Von Fachleuten entwickelte Empfehlungen stellen sicher, dass keine wichtigen Maßnahmen vergessen werden und alle überall auf dem gleichen Level sind.“ Dann müssten die Standards nur noch überall umgesetzt werden, oder? „Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Im Rahmen der CLEAN HOSPITALS Initiative wurde deshalb ein Fragebogen erarbeitet, der nun weltweit den Stand in den Kliniken abfragt. Standards in die Praxis zu übertragen – sie mit Leben zu füllen – ist eine Herausforderung, die individuell in den Klinken angepackt werden muss. Beim Reinigungspersonal, das oft aus vielen verschiedenen Ländern kommt, ist die Sprache häufig ein Problem. Anschauliche Poster haben sich als sehr hilfreich erwiesen. Denn Bilder sind für viele einfacher zu verstehen als Worte. Wir im HARTMANN SCIENCE CENTER entwickeln laufend solche Poster. Clean Hospitals mit seiner globalen Reichweite hat da aber ganz andere Möglichkeiten. Auch deshalb engagieren wir uns in der Initiative. Damit die Zusammenarbeit zwischen dem Reinigungspersonal und den Hygienefachkräften erfolgreich sein kann, ist grundsätzlich eine gute Kommunikation wichtig. Welche Flächen sollen wie gereinigt werden? Das sollte allen klar sein. Eine offene Fehlerkultur ist ebenfalls entscheidend: Vergessene Flächen oder falsche Dosierungen sollten angstfrei angesprochen werden können. Sonst ändert sich nichts!“ CLEAN HOSPITALS-Initiative: Besuchen Sie die Webseite und erfahren Sie mehr über die Bedeutung von Krankenhäusern als Gesundheitsumgebung! https://cleanhospitals.com „Maßgeblich in der Entwicklung der Krankenhaushygiene“ Robert-Koch-Preis für Stephan Harbarth aus Genf Er sei „ein bemerkenswerter Wissenschaftler in der Krankenhausepidemiologie und Infektionskontrolle in Europa“, fand die Jury der Robert-Koch-Stiftung: Am 6. September wurde daher der „Robert-Koch-Preis für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention 2022“ an Prof. Dr. Stephan Harbarth von der Universität Genf verliehen. Nach Ansicht der Jury ist der Schweizer Wissenschaftler „bemerkenswert“. Seine Arbeiten seien „maßgeblich in der Entwicklung der Krankenhaushygiene“. Der mit 50.000 Euro dotierte Wissenschaftspreis wurde ihm zugesprochen, weil er „auf dem Gebiet der Krankenhausepidemiologie und der Infektionskontrolle in Europa umfangreiche und kontinuierliche Arbeit zur Verbesserung der wissenschaftlichen Basis von Infektionsschutzmaßnahmen“ leiste. Arbeitsschwerpunkt des Forschers ist die Epidemiologie, Übertragung und Prävention von Infektionen durch multiresistente Mikroorganismen (vor allem MRSA und VRE). Harbarth hat der Jury zufolge dabei aber auch immer die Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch Krankheitserreger, die gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig resistent sind (MDRO) im Blick, ebenso die gesundheitsökonomischen Aspekte und Anreize, neue Antibiotika zu entwickeln. Zudem sei er „ein hervorragender Autor, ein geschätzter Redner auf internationalen Konferenzen, bekannt für seine klaren und substanziellen, evidenzbasierten Aussagen zu Infektionsschutzmaßnahmen“. Nicht zuletzt dürfte er vielen Hygienefachkräften bekannt sein, weil er jährlich in Genf den weltweit bedeutsamen Kongresses ICPIC (International Congress of Prevention and Infection Control) organisiert. Die Robert-Koch-Stiftung Die Robert-Koch-Stiftung e.V. ist eine 1907 gegründete gemeinnützige Stiftung zur Förderung des medizinischen Fortschritts mit Sitz in Berlin. Sie fördert die wissenschaftliche Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten sowie beispielhafte Projekte zur Lösung medizinischer und hygienischer Probleme. Die Stiftung vergibt alljährlich mehrere hochrangige wissenschaftliche Auszeichnungen.

FORUM 10 Langzeitfolgen nosokomialer und anderer schwerer Infektionen Krank trotz Genesung Nosokomiale Infektionen (NI) sind ein schwerwiegendes Problem im Gesundheitssektor, das nicht nur großes Leid bei Betroffenen verursacht, sondern auch hohe Kosten. Nicht umsonst zielen etliche Hygienemaßnahmen darauf ab, NI von vornherein zu verhindern. Während dem akuten Problem aber einige Aufmerksamkeit gewidmet wird, z. B. durch gezielte Erfassung von NI, sind viele Betroffene noch lange nach ihrer offiziellen Genesung schwer beeinträchtigt und werden dennoch von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Aussagekräftige Daten gibt es momentan hauptsächlich zu Sepsis-Überlebenden [1-3], doch auch andere Infektionen können schwerwiegende Langzeitfolgen haben, wie am Beispiel von Long-COVID deutlich wird. Hohe Morbidität bei Sepsis-Überlebenden Sepsis ist eine lebensbedrohliche Krankheit, an der selbst in Deutschland nach wie vor jede/r Fünfte als direkte Folge verstirbt [4]. Dass Sepsis-Überlebende häufig mit schweren Langzeitfolgen kämpfen, ist zwar bekannt, doch werden diese Folgeschäden in Deutschland nicht ausreichend dokumentiert. Wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind, zeigten Fleischmann-Struzek et al. nun eindrücklich in einer retrospektiven Kohortenstudie, die auf den Krankenkassendaten von 23 Millionen AOK-Versicherten basierte [1]. Dabei zeigte sich, dass 74,3 % aller Überlebenden – also beinahe drei Viertel – im ersten Jahr nach überstandener Akuterkrankung eine weitere Diagnose erhielten, die meisten davon medizinischer Natur. Auch im zweiten und dritten Jahr danach sah es wenig besser aus [1]. Sepsis, Blutstrominfektionen und Pneumonien verkürzen langfristig das Überleben Ebenfalls erschreckend hoch ist die Sterblichkeit nach überstandener Sepsis: Fleischmann-Struzek et al. ermittelten Mortalitätsraten von 30,7 % im ersten, 14,6 % im zweiten und 13,2 %, im dritten Post-Sepsis-Jahr [1]. Doch selbst Blutstrominfektionen per se (mit oder ohne Sepsis) erhöhen das anschließende Sterberisiko, wie eine australische Kohortenstudie zeigte: Hier lag das 5-Jahres-Überleben Betroffener mit positiver Kultur für Gram-negative Bakterien bei 52 % im Vergleich zu 65 % ohne positive Kultur [2]. Und auch überstandene nosokomiale Pneumonien haben ähnlich drastische Auswirkungen auf das 5-Jahres-Überleben wie Sepsis [5].

11 FORUM Nachsorge kann Prognose verbessern Angesichts der Schwere solcher Erkrankungen überrascht es, dass der Großteil der Überlebenden keine anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen erhält. Das zeigte eine deutsche Studie, die auf Krankenkassendaten von knapp 84.000 Patient/innen beruhte, die zwischen 2009 und 2016 einen septischen Schock, eine Sepsis oder eine schwere Infektion überlebten [3]. Die meisten Überlebenden wurden aus der Klinik direkt nach Hause bzw. in die häusliche Pflege entlassen, während nach septischem Schock nur 14,5 %, nach Sepsis 6,3 % und nach schwerer Infektion sogar nur 3,3 % in eine Rehabilitationsmaßnahme gingen [3]. Dabei scheinen rehabilitative Maßnahmen durchaus effektiv zu sein, denn sie senkten in der Studie die 5-JahresSterblichkeit um bis zu 8 % [3]. Krankheitslast durch Long-COVID wird erst in den kommenden Jahren erkennbar Was die rehabilitative Versorgung von Menschen angeht, die nach einer COVID-19-Infektion – unabhängig von deren Schwere – längerfristige Beeinträchtigungen erleben, gibt es in Deutschland noch keine einheitliche Vorgehensweise. Dabei wird davon ausgegangen, dass bis zu 40 % nach einer SARS-CoV-2-Infektion zumindest noch einige Wochen bis Monate nach der Akutphase klinisch relevante Symptome haben [6]. Die Einschränkungen sind vielfältig und reichen von allgemeiner Erschöpfung (Fatigue), Kurzatmigkeit oder neurologischen Problemen bis hin zur Verschlechterung oder der Neuentwicklung eines Diabetes [6]. Multidisziplinäre Ansätze zur funktionellen Wiederherstellung sind also dringend erforderlich und sollten darüber hinaus selbstverständlich auch für Überlebende anderer schwerer Infektionskrankheiten entwickelt werden. Quellen: 1. Fleischmann-Struzek C et al. (2021) Epidemiology and Costs of Postsepsis Morbidity, Nursing Care Dependency, and Mortality in Germany, 2013 to 2017. JAMA Netw Open;4: e2134290. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2021.34290 2. McNamara JF et al. (2022) Long term sepsis readmission, mortality and cause of death following Gram negative bloodstream infection: a propensity matched observational linkage study. Int J Infect Dis;114: 34-44. https://doi. org/10.1016/j.ijid.2021.10.047 3. Rahmel T et al. (2020) Long-term mortality and outcome in hospital survivors of septic shock, sepsis, and severe infections: The importance of aftercare. PLoS One;15: e0228952. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0228952 4. https://www.deutschland-erkennt-sepsis.de/#zahlenfakten (abgerufen am 01.09.2022) 5. Dick A et al. (2012) Long-term survival and healthcare utilization outcomes attributable to sepsis and pneumonia. BMC Health Serv Res;12: 432. https://doi. org/10.1186/1472-6963-12-432 6. Bornstein SR et al. (2022). Long-COVID, Metabolic and Endocrine Disease. Horm Metab Res;54: 562–566. https://doi.org/10.1055/a-1878-9307 74,3 % 65,8 % 59,4 % 70,9 % 61,3 % 55,0 % 17,9 % 12,8 % 12,2 % 18,5 % 9,8 % 9,8 % Anteil Betroffener mit neuen Diagnosen im 1./2./3. Jahr nach Sepsis 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 1-12 Monate 13-24 Monate 25-36 Monate Neue Diagnose jeglicher Art Medizinisch Psychologisch Kognitiv

Hier mehr erfahren Wirksamkeiten von Desinfektionsmitteln: Bakterien Bakterien Gram-negativ Bakterien Gram-positiv Bakterielle Endosporen Mykobakterien HSC DE 08.22 Bakterien bakterizid Wirkungsspektrum E. coli (Gram -) P. aeruginosa (Gram -) MRSA (Gram +) Beispiele: Mykobakterien tuberkulozid mykobakterizid Tuberkulose-Erreger Beispiel: Alle Mykobakterien (inkl. Tuberkulose-Erreger) Wirkungsspektrum M. tuberculosis Beispiele sporenbildender Bakterien: sporizid Alle Sporen (inkl. C. difficile-Sporen) Bakteriensporen sporizide Wirkung gegen C. difficile Clostridioides difficile-Sporen Wirkungsspektrum B. subtilis B. cereus C. difficile (Vegetative Zellen) (Vegetative Zellen) Innere Membran Kern Mykolsäureschicht Äußere Membran Zellwand Membran ist einfach zu zerstören. Schwierig für Desinfektionsmittel zu zerstören. Zellwand Mehrschichtige Hülle Proteine Innere Membran Äußere Lipidschicht wird durch die Desinfektion zerstört. Membran Sporenhülle Proteinschicht Äußere Lipidschicht Proteine Proteine nach der Desinfektion nicht mehr funktionsfähig. Alle Bakterien außer Mykobakterien

#1 #2 #3 EN 13727 & EN 14348 & EN 17126* | Suspensionsversuch Phase 2 / Stufe 1: bakterizid, tuberkulozid, mykobakterizid, sporizide Wirkung gegen C. difficile* , sporizid* EN 1500 | Hygienische Händedesinfektion Phase 2 / Stufe 2: bakterizid EN 12791 | Chirurgische Händedesinfektion Phase 2 / Stufe 2: bakterizid EN 16615 | Keimträgertest (4-Felder-Test) Phase 2 / Stufe 2: bakterizid ... wird die Mischung in Petrischalen kultiviert. Die Bakterienkolonien werden gezählt. Ein wirksames Desinfektionsmittel sollte eine bestimmte Anzahl an Bakterien inaktiviert haben. Hände von Probanden werden mit ungefährlichem Testerreger künstlich kontaminiert. Die Hände werden mit Seife gewaschen. Nach der Trocknung werden die Fingerkuppen beprobt (#1). Nach der Trocknung werden die Fingerkuppen beprobt (#1). Durchführung der hygienischen Händedesinfektion mit zu testendem Produkt (30-60 Sek.). Durchführung der chirurgischen Händedesinfektion mit zu testendem Produkt (1-5 Min.). Die Fingerkuppen werden erneut beprobt (#2). An eine Hand wird ein Handschuh angelegt … Nach 3 Stunden wird der Handschuh entfernt und die Hand beprobt (#3). … die andere Hand wird beprobt (#2). Die Bakterienkolonien werden gezählt. Ein wirksames Desinfektionsmittel sollte mind. gleichwertig wie ein Referenzalkhohol nach 60s Einwirkzeit sein. Die Bakterienkolonien werden gezählt. Ein wirksames Desinfektionsmittel sollte mind. gleichwertig wie ein Referenzalkhohol nach 3 Min. Einwirkzeit sein. Testmethoden von Desinfektionsmitteln: Bakterien Spezielle Testerreger werden zusammen mit einer organischen Belastung (Eiweiß und ggf. Blut) und dem Desinfektionsmittel vermischt. * nur Fläche Ein mit Desinfektionsmittel getränktes Tuch wird an der Unterseite eines Einheitsgewichts befestigt. Anschließend wird mit dem Gewicht über die Prüffelder gewischt. #1 #2 #3 #4 Nach definierter Zeit ... Die Bakterienkolonien werden gezählt. Ein wirksames Desinfektionsmittel sollte eine bestimmte Anzahl an Bakterien inaktiviert haben. #1 #2 #3 #4 Spezielle Testerreger werden zusammen mit einer organischen Belastung auf dem ersten Feld ausgebracht. Fläche Hände HSC DE 08.22 #1 #2 #1 #2 #3

PRAXIS 14 Das Affenpockenvirus (Orthopoxvirus simiae, auch Monkeypox virus) ist ein behülltes Virus der Gattung Orthopoxvirus. Um eine Übertragung in Gesundheitseinrichtungen zu vermeiden, wird eine gute Händehygiene mit einem mindestens begrenzt viruziden Hände-Desinfektionsmittel empfohlen. Ein indikationsgerechter Handschuhwechsel ist ebenfalls sinnvoll. BeimVersorgen Erkrankter sollte zudem eine FFP2-Maske und eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) getragen werden. Für die Flächendesinfektion sollten ebenfalls Desinfektionsmittel mit mindestens begrenzt viruzidem Wirkungsspektrum verwendet werden. Da die Viren lange auf Oberflächen infektiös bleiben können, müssen die Einwirkzeiten unbedingt beachtet werden. Mehr dazu erfahren Sie unter: https://www.hartmann-science-center.com/de-de/top-issues/monkeypox Affenpocken: begrenzt viruzide Desinfektionsmittel genügen – Viren persistieren lange Immer auf dem neuesten Stand Affenpocken, Vogelgrippe & Co. Welche Desinfektionsmittel wirken am besten gegen die aktuell verbreiteten Infektionskrankheiten? Alle relevanten Informationen zu Affenpocken, Vogelgrippe oder Corona, sowie zu den Wirksamkeiten von Desinfektionsmitteln finden Hygienefachkräfte aus dem Gesundheitswesen und dem Veterinär-Bereich auf den Internetseiten des HARTMANN SCIENCE CENTER (HSC). Die wichtigsten News haben wir hier für Sie zusammengetragen. Vogelgrippe – korrekt: Aviäre Influenza – ist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit bei Vögeln. Natürlicher Reservoirwirt sind wilde Wasservögel. Nur in Ausnahmefällen – bei Exposition gegenüber einer hohen Infektionsdosis – können diese Viren Erkrankungen bei Menschen hervorrufen. Jedoch kann es dann auch unter Umständen zu einem schweren oder gar tödlichen Krankheitsverlauf kommen. Dem für Tiergesundheit zuständigen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zufolge wurden in Deutschland von Januar bis Juli diesen Jahres 934 Fälle infizierter Wildvögel sowie 31 Ausbrüche bei Geflügel und gehaltenen Vögeln gemeldet. Die aktuelle Seuchensaison 2021/22 ist die größte, die in Europa bisher beobachtet wurde, so die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC. Vor allem in den Küstengebieten sei das Virus verbreitet. Das Risiko eines Eintrags in Geflügelhaltungen und Vogelbestände wird in diesen Regionen als besonders hoch eingestuft. Zur chemischen Desinfektion sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit mit demWirkungsbereich begrenzt viruzid oder viruzid anzuwenden. Vogelgrippe: Risiko an den Küsten hoch – Biosicherheit in Geflügelhaltungen optimieren Eine weitere Tierseuche, die gerade in Europa grassiert, ist die Afrikanische Schweinepest (ASP). Betroffen sind ausschließlich Wild- und Hausschweine. Die ASP ist jedoch keine Zoonose, also keine zwischen Tier und Mensch übertragbare Infektionskrankheit. Verursacher ist ein Asfi-Virus (ein behülltes Doppelstrang DNA-Virus). Übertragen wird es bei direktem Kontakt mit infizierten Tieren oder Kadavern, durch Aufnehmen von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen bzw. -zubereitungen. Hinzu kommen indirekte Übertragungswege (Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände einschließlich Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte und Maschinen, Kleidung). Zur Vorbeugung rät die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG) zu Desinfektionsmitteln, die in der DVG-Desinfektionsmittelliste für die Tierhaltung (in Spalte 7b für begrenzte Viruzidie) empfohlen werden. Afrikanische Schweinepest: Keine Gefahr für Menschen – Vorbeugende Desinfektion empfohlen

15 FORUM „Patientenzimmer der Zukunft“ nun als Studien- und Reallabor Vom Prototypen zum Demonstrator Am Modell des „Patientenzimmers der Zukunft“ soll von nun an in Braunschweig das infektionspräventive Unterbringen von Patienten optimiert werden. HARTMANN hat das Forschungsvorhaben als Industriepartner sowohl finanziell als auch aktiv mit Expertise unterstützt – und zum neuartigen Zimmer unter anderem einen innovativen Desinfektionsmittel-Spender beigesteuert. Seit Ende August 2022 steht das „Patientenzimmer der Zukunft“ als Studien- und Reallabor auf dem Gelände des Städtischen Klinikums Braunschweig. Das begehbare Eins-zu-Eins-Modell eines Klinik-Zweibettzimmers ist das Ergebnis eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts an dem unter anderen bitte Architekt/ innen, Designer/innen, Molekularbiolog/innen und Mediziner/innen beteiligt waren. Ziel des 2016 begonnenen Projekts mit dem Titel KARMIN (für „Krankenhaus, Architektur, Mikrobiom und Infektion“) war es, durch intelligente Raumplanung das Risiko der Erregerübertragung zu minimieren und den Prototypen eines infektionsprophylaktisch sinnvoll ausgestatteten Klinik-Zweibettzimmers zu realisieren. Der Prototyp wurde als Demonstrator gebaut und 2020 auf dem Berliner „World Health Summit“ vorgestellt. Demonstrator als Test-Labor Der nun in Braunschweig errichtete Demonstrator des Patientenzimmers soll in den kommenden Jahren als Forschungs- und Studienlabor genutzt werden. Beispielsweise sollen darin Pflege-, Behandlungs- und Reinigungsszenarien zur Schulung von klinischem Personal erprobt werden. Zudem ist geplant, Ausstattungselemente, das Raumlayout, die Beleuchtung sowie Materialien und Oberflächen weiter zu optimieren. HARTMANN und KARMIN: PoC-Spender und Erklär-Videos HARTMANN ist durch BODE Chemie seit 2018 Industriepartner des Projekts. Um hohe Hygienestandards und sinnvolle Pflegeabläufe miteinander verbinden zu können, spielten bei der Gestaltung des in die Zukunft weisenden Patientenzimmers auch Details wie die Position der Händedesinfektionsmittel-Spender eine wichtige Rolle. HARTMANN ist im Demonstrator unter anderem mit dem Eurospender 3 flex vertreten. Er kann direkt am Point-of-Care in unmittelbarer Nähe der Patientinnen und Patienten befestigt werden, beispielsweise am Bett oder am Trolley. Auch in die Platzierung der fest an den Wänden installierten Hände-Desinfektionsmittel-Spender (u. a. Eurospender Safety plus) floss die Expertise der HARTMANN Fachleute mit ein. Um Patientinnen, Patienten und Besuchende darüber hinaus für die Wichtigkeit der Hände-Hygiene zu sensibilisieren, wurden drei motivierende Erklärfilme zur Verfügung gestellt. Sie wurden in die Infotainment-Systeme amBett integriert.

Was sagen Organisationen und Verbände? Die Empfehlungen zum Thema Handschuhdesinfektion sind weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene einheitlich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät generell davon ab, weil das Material beschädigt werden kann und die Handschuhe damit ihre Schutzfunktion verlieren, ist sich aber bewusst, dass das Vorgehen in Ländern mit geringer Verfügbarkeit von Einmalhandschuhen teils üblich ist [3]. Im Gegensatz dazu hält die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) eine Handschuhdesinfektion unter bestimmten Bedingungen für akzeptabel. Diese liegen vor, wenn andernfalls Arbeitsabläufe unterbrochen würden, wenn die Tätigkeiten an ein und denselben Patient/innen stattfinden, wenn die Chemikalienbeständigkeit gemäß EN 374 gegeben ist und keine Herstellerangaben dagegensprechen und wenn keine sichtbaren Perforationen oder Verunreinigungen vorhanden sind [4]. Dennoch sollten die Handschuhe im Intensivbereich nach 15 min sowie nach jeder Patientenwaschung gewechselt werden [4]. Auch die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) und das Positionspapier der Aktion Saubere Hände (ASH) empfehlen die Desinfektion behandschuhter Hände nur unter bestimmten Voraussetzungen in Ausnahmefällen [5, 6]. Die ASH gibt in diesen Situationen eine maximale Tragezeit von 30 min und eine maximal 5-malige Handschuhdesinfektion vor [6]. Wie steht es um die Kompatibilität? Bevor Gesundheitseinrichtungen Handschuhdesinfektionen in Ausnahmesituationen in Betracht ziehen können, muss die Frage nach der Materialverträglichkeit beantwortet werden. Um Sie bei der internen Risikobewertung zu unterstützen, haben wir uns als Hersteller von Hände-Desinfektionsmitteln sowie Untersuchungshandschuhen der Thematik angenommen und die Kompatibilität zwischen alkoholischen Hände-Desinfektionsmitteln und Nitrilhandschuhen gemäß EN 455-2 und EN 16523-1 untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Reißkraft qualitativ hochwertiger Untersuchungshandschuhe nach maximal 5-maliger Handschuhdesinfektion im Normbereich lag und der Quelleffekt der Handschuhe bei maximal 30 min Tragedauer und maximal 5-maliger Handschuhdesinfektion zu vernachlässigen war. 16 PRAXIS Bewusster Umgang ist essenziell Wissenswertes zum Thema Handschuhdesinfektion Das Thema Handschuhdesinfektion wird in Deutschland kontrovers diskutiert [1], denn einheitliche Empfehlungen dazu gibt es nicht. Während die einen es aus Sicherheitsgründen ablehnen, überwiegen für die anderen die Vorteile wie effizientere Arbeitsabläufe und höhere Händehygiene-Compliance beim Personal [2]. Ob Gesundheitseinrichtungen ihren Beschäftigten die Handschuhdesinfektion in bestimmten Ausnahmesituationen erlauben, können diese aber letztlich für sich entscheiden. Voraussetzungen dafür sind jedoch die interne Risikobewertung und adäquate Schulungen des Personals. Außerdem müssen die Auswirkungen des Hände-Desinfektionsmittels auf das Handschuhmaterial berücksichtigt werden.

Im Falle der von uns getesteten Hände-Desinfektionsmittel wurde eine eventuelle Permeation durch den Handschuh als unkritisch angesehen, da die Hände-Desinfektionsmittel zur Verwendung auf den Händen zugelassen sind und eine gute Hautverträglichkeit aufweisen. Interne Risikobewertung unbedingt erforderlich Aus regulatorischer Sicht ist allerdings festzuhalten, dass Einmalprodukte wie medizinische Handschuhe gemäß der Medizinprodukteverordnung sowie der Medizinprodukte-Betreiberverordnung [7, 8] zum einmaligen Gebrauch an einem einzigen Patienten bestimmt sind [7] und die Handschuhdesinfektion nicht vom zugelassenen Indikationsbereich der Hände-Desinfektionsmittel abgedeckt wird. Somit erlischt die Haftung durch die Hersteller, und Anwender/innen handeln mit allen haftungsrechtlichen Konsequenzen. Mit der Kompatibilitätstestung liefern wir ausschließlich unterstützende Ergebnisse für Ihre interne Risikobewertung. Darüber hinaus stellen wir Ihnen Informations- und Schulungsmaterialien zum Thema zu Verfügung. 17 PRAXIS Quellen: 1. Schulz-Stübner S et al. (2018) Zur Desinfektion von Handschuhen: Wissen, Erfahrungen und Einstellungen von Mitgliedern des Hygieneteams und Betriebsärzten. Gesundheitswesen;80: S97–S104. German. https://doi.org/10.1055/s-0043-119083 2. Fehling P et al. (2019) Effect of gloved hand disinfection on hand hygiene before infection-prone procedures on a stem cell ward. J Hosp Infect;103: 321–327. https:// doi.org/10.1016/j.jhin.2019.06.004 3. WHO (2009) WHO Guidelines on Hand Hygiene in Health Care. 4. Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) (2016) Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl 59: 1189–1220. https://doi.org/10.1007/s00103-016-2416-6 5. Empfehlung des Arbeitskreises Krankenhaus- und Praxishygiene der AWMF (2016) Händedesinfektion und Händehygiene, AWMF-Register Nr. 029/027, S2k-Leitlinie, Stand 27.08.2016. Hyg Med;41: 10. https://shop.mhp-verlag.de/media/pdf/4e/73/51/HM-2016_10_254_AWMF_HD-und-Ha-ndehygiene.pdf (abgerufen am 02.09.2022) 6. Aktion Saubere Hände (2015) Positionspapier Desinfizierbarkeit von medizinischen Untersuchungshandschuhen. https://www.aktion-sauberehaende.de/fileadmin/ash/ download-Material/Positionspapiere-Literatur/02-Positionspapier_Handschuh-Desinfektion_Version_06.07.2015_V1.pdf (abgerufen am 02.09.2022) 7. Verordnung EU 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte. http://data.europa.eu/eli/reg/2017/745/oj (abgerufen am 05.09.2022) 8. Medizinprodukte-Bertreiberverordnung (MPBetreibV); §8 Abs. 4-6. https://www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/__8.html (abgerufen am 05.09.2022) Erfahren Sie mehr zum Thema Handschuhe unter https://www.hartmann-science-center.com/de-de/hygiene-knowledge/hand-hygiene/gloves Das HARTMANN SCIENCE CENTER hat außerdem eine umfassende Unterlage zum bewussten Umgang mit Handschuhen erstellt, die Sie auf Anfrage erhalten können. Bestellen Sie diese gleich per Email unter Infektion-PHD@hartmann.info. ? Was ist zubeachten WHO KRINKO AWMF ASH

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