Wundversorgung unter dem Kompressionsverband

Die lokale Therapie des Ulcus cruris venosum stützt sich auf zwei Säulen: eine phasengerechte Wundbehandlung und den Kompressionsverband zur Beseitigung der venösen Stase. 

von der HARTMANN Online-Redaktion

Wie lassen sich Wunden unter einem Kompressionsverband richtig versorgen? Die lokale Therapie des Ulcus cruris venosum, oft auch „offenes Bein“ genannt, stützt sich auf zwei Säulen: eine phasengerechte Wundversorgung und den Kompressionsverband zur Beseitigung der venösen Stase. Der Praxistipp zeigt, wie beide Maßnahmen ineinandergreifen und die richtigen Materialien zum Therapieerfolg beitragen. Dazu zählen:

  • Kompressionsverband anlegen
  • Ulcus cruris venosum richtig behandeln
  • Wunden feucht versorgen
  • Chronische Wunden lokal behandeln
  • Feuchte Wundauflage für trockene Ulcera

Wirkungsweise eines Kompressionsverbands

Die Wirkung eines Kompressionsverbands ist einfach zu verstehen: Er umgibt das Bein rundum mit einem definierten Druck, sodass die krankhaft erweiterten Venen eingeengt werden. Dies führt zu einer Verbesserung der Klappenfunktion. Die Strömungsgeschwindigkeit des venösen Blutes kann sich erhöhen, der Rücktransport zum Herzen wird normalisiert. Wichtig für eine erfolgreiche Kompression ist, dass das Bein regelmäßig bewegt wird. Nur dann kann durch die kontrahierten Muskeln von innen der Druck entstehen, gegen den der Kompressionsverband von außen hält.

Gleichzeitig dient der Kompressionsverband der schlaffen Beinmuskulatur als ein festes Widerlager. Die Beinmuskulatur kann sich nicht mehr nach außen ausdehnen und übt stattdessen einen größeren Druck auf die Venen und das Gewebe aus. Die sog. Wadenmuskelpumpe, die ebenfalls beim Rücktransport des venösen Blutes zum Herzen eine wichtige Rolle spielt, kann wieder in Aktion treten und den venösen Rückstrom unterstützen. Alles zusammen ermöglicht eine aktive Entstauung durch die eigene Muskelkraft.

Kompression
Schematische Darstellung einer insuffizienten Vene (li) und deren Einengung durch den Kompressionsverband (re). Die Einengung führt zu einer Verbesserung der Venenklappenfunktion, die Strömung des Blutes kann sich erhöhen.
Darüber hinaus bewirkt der Druck des Kompressionsverbands, dass auch Flüssigkeit und Stoffwechselprodukte, die sich im umliegenden Gewebe angesammelt haben, abtransportiert werden. „Versumpftes“ Gewebe wird trockengelegt, Schwellungen und Ödeme bilden sich zurück. Zudem verhindert der Druck von außen, dass erneut Wasser ins Gewebe einsickern kann. Die Gefahr, dass neue Entzündungen und Blutgerinnsel (Thromben) entstehen, wird entscheidend verringert.

Kompressionsverband anlegen – wann und welchen?

Der phlebologische Kompressionsverband (PKV) ist angezeigt bei allen akuten Venenerkrankungen wie Thrombosen, Entzündungen oder schweren Stadien der chronisch venösen Insuffizienz (CVI) mit floridem Ulcus cruris venosum, bei Zuständen nach tiefen Beinvenenthrombosen (postthrombotisches Syndrom) sowie bei Lymph- und Beinödemen verschiedener Genese.[1] Er kann als Dauerverband aus unelastischen Binden (Zinkleimbinden) oder als Wechselverband mit elastischen Binden (Kurzzugbinden) angelegt werden.[1] Als Alternative können auch sog. Mehrkomponenten-Kompressionssysteme, die über einen längeren Zeitraum angelegt bleiben können, die geforderten Aufgaben erfüllen.

Nach der Ulcus-Abheilung kommen üblicherweise individuell angepasste medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) in indikationsgerechter Kompressionsklasse zur Erhaltungstherapie (Rezidivprophylaxe) zur Anwendung.[1]

Ulcus cruris venosum richtig behandeln

Die pathophysiologische Situation des Ulcus cruris venosum erfordert zu seiner Abheilung sowohl kausale als auch lokale Maßnahmen.

  • Kausal sind die Hämodynamik im Beinvenensystem und die Mikrozirkulation im Wundgebiet durch die bereits beschriebenen Maßnahmen wie Kompressionstherapie und ggf. invasive Maßnahmen wie Operation und / oder Sklerosierung zu verbessern.[2] Im Rahmen der Wundversorgung sind nach Möglichkeit auch alle Faktoren auszuschalten, die sich allgemein wundheilungsstörend auswirken, so beispielsweise Infektionen, Einflüsse von Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen anderer Therapien oder negative psychosoziale Faktoren.[2]
  • Lokal besteht die Ulkustherapie in einer sachgerechten Wundbehandlung, die sich sinnvollerweise an den einzelnen Phasen orientiert.

Wunden feucht versorgen – sicher und einfach

Das Ulcus cruris venosum ist eine sekundär heilende, chronische Wunde, die nach heutigem Standard „feucht“ behandelt wird. Die feuchte Wundversorgung ist eine sehr effiziente Methode zum Aufweichen und Ablösen von nekrotischem Gewebe und fibrinösen Belägen. Sie bewirkt in der Wunde ein heilungsförderndes physiologisches Mikroklima – vor allem im Zusammenspiel mit Ringerlösung – schont heilungsfördernde Substanzen und Zellen auf der Ulcus-Oberfläche, begünstigt die Bildung von Granulationsgewebe und Epithelzellen und wirkt stark schmerzlindernd.[2]

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil ist, dass die feuchte Wundversorgung dank der heute zur Verfügung stehenden hydroaktiven Wundauflagen auch im ambulanten Behandlungs- und Pflegebereich mit wenig Aufwand sicher und einfach durchführbar ist.

Kontraindikationen beachten

Vorsicht ist vor allem bei älteren Venen- und Ulcuspatienten mit Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislaufkrankheiten oder Diabetes mellitus geboten. Der Grund hierfür: Die Kompressionstherapie wirkt nicht nur auf die Venen, sondern auch auf die Arterien und das umgebende Gewebe. Zudem kann es durch die mitunter erheblichen Ödemausschwemmungen zu Reaktionen im gesamten Kreislauf kommen, was zum einen die hohe Wirksamkeit der Kompressionstherapie belegt, zum anderen aber auch Komplikationen mit sich bringen kann.

Die Problematik der Kontraindikationen der Kompressionstherapie wird aktuell in der Übersichtsarbeit von J. Dissemond et al. in der Fachzeitschrift Wundmanagement [2] erörtert. Dabei wird auf die aktuelle, 2019 publizierte S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP) verwiesen, die folgende Kontraindikationen aufführt: fortgeschrittene periphere arterielle Verschlusskrankheit, dekompensierte Herzinsuffizienz, septische Phlebitis und Phlegmasia coerulea dolens.

Mit KADI auf der sicheren Seite

Um Schaden durch eine nicht indizierte Kompressionstherapie vom Patienten abzuwenden, ist die Behandlung eines Unterschenkelgeschwürs (Ulcus cruris) ohne Kenntnis der Durchblutungssituation in den arteriellen Unterschenkelgefäßen nicht zu verantworten. Die Ermittlung des Knöchel-Arm-Index (engl. ankle-brachial-pressure-index – ABPI oder ABI) oder auch KADI (Knöchel-Arm-Druck-Index) durch die nichtinvasive Maßnahme einer dopplersonografisch optimierten Blutdruckmessung ist deshalb unverzichtbar.

ABI-Messung

Chronische Wunden lokal behandeln – feucht und phasengerecht

Das Ulcus cruris venosum ist eine chronische Wunde mit schlechter oder fehlender Heilungstendenz. Insbesondere das oft großflächige Ulcus bei schwerer chronischer Veneninsuffizienz und ausgeprägter Sklerosierung von Cutis und Subcutis kann sich therapeutisch zu einer Crux medicorum mit langer Behandlungsdauer und häufigen Rezidiven entwickeln. Dennoch ermöglichen die heutigen Erkenntnisse über die pathophysiologischen Mechanismen bei der Entstehung des Ulcus cruris venosum in der Regel wirksame Therapiekonzepte.[2]

HydroClean – feuchte Wundauflage für trockene Ulcera

Insbesondere lang bestehende venöse Ulcera sind austrocknungsgefährdet, die Reinigung der Wunde stagniert. Durch Rehydrierung mit hydroaktiven Wundauflagen kann der Feuchtigkeitsgrad der Wunde gesteigert werden.

Zur Schaffung eines feuchten Milieus – auch bei austrocknungsgefährdeten Wunden – trägt HydroClean durch seinen einzigartigen Saug-Spül-Mechanismus bei. HydroClean reinigt Wunden rasch, unterstützt das autolytische Débridement und sorgt für ein heilungsförderndes Wundklima.
Ausgetrocknete Wunde

Varolast Plus – Zinkleimverband gegen Ödeme

Von allen Verbandmaterialien können halbstarre, unnachgiebige Zinkleimverbände der tätigen Muskulatur den größten Widerstand entgegensetzen und entfalten so bei einem extrem niedrigen Ruhedruck einen sehr hohen Arbeitsdruck, der die tiefen subfaszialen Bereiche erfasst und rasch entstauend wirkt.[2]

Der Zinkleimverband aus Varolast Plus ist deshalb indiziert zur Behandlung einer CVI und zur schnellen Entstauung von Ödemen. Er ermöglicht eine exakte Bindenführung ohne die Gefahr von Einschnürungen.
Varolast plus

Ulcera mit mäßiger Exsudation

Um sowohl mechanische Reinigungsprozesse als auch das autolytische Débridement zu fördern, das nur im feuchten Wundmilieu stattfinden kann, ist der Feuchtigkeitsgrad auch bei Ulcera mit mäßiger Exsudation zu optimieren.

HydroClean sorgt für ein feuchtes Wundmilieu. Das feuchte Wundmilieu beschleunigt den Wundprozess. Hält Wunden bis zu drei Tage feucht.
Feuchtigkeitsoptimierung mit HydroClean

Anpassbarer Pütter-Verband als Kompression

Der besonders kräftige Pütter-Verband ergibt in Verbindung mit der gegenläufigen Verbandtechnik nach Pütter haltbare Verbände mit sehr starker Kompression.[10] Diese erfasst ebenfalls die subfaszialen Bereiche und wirkt rasch entstauend. Gegenüber Zinkleimverbänden hat der Pütter-Verband den Vorteil, dass er sich Veränderungen des Beinumfanges bei Ödemabschwellung besser anpassen kann.
Pütterbinde

Ulcera mit starker Exsudation

Starke Exsudation kann nicht nur den Patienten schwer belasten, sondern auch zu schmerzhaften Mazerationen der Wundumgebung führen. Erforderlich sind Wundauflagen, die ein effizientes Exsudatmanagement mit Hautschutz sichern.

Bei sehr starker Exsudation empfiehlt sich die Anwendung von Zetuvit Plus. Zetuvit Plus Silicone Border ist die Lösung für Fälle mit empfindlicher Haut und mäßig bis starker Exsudation. Ein hochsaugfähiger Saugkern, kombiniert mit einer Silikonwundkontaktschicht, ermöglicht ein optimales Feuchtigkeitsmanagement und sicheren Hautschutz. Ein Silikon-Haftrand (=Border) erleichtert die Applikation.
Mazeration einer Wunde

PütterFlex als bewegliche Kurzzugbinde

Die Kurzzugbinde PütterFlex ist längs- und querelastisch. Sie schmiegt sich dadurch dem Bein auch an schwierigen anatomischen Übergängen an und ist daher einfacher anzulegen, dies gilt auch besonders bei Bandagierungen nach Amputationen. Mit PütterFlex ist auch die Patientenadhärenz deutlich höher, da der Kompressionsverband angenehm zu tragen ist. Das spürbar dünnere, längs- und querelastische Material bietet mehr Beweglichkeit im Fußgelenk, sodass die Bewegungsabläufe beim Gehen kaum behindert werden.[11]
PütterFlex

Ulcera in der Granulations- und Epithelisierungsphase

Ist die Wunde sauber, kann sich Granulationsgewebe bilden, vorausgesetzt, dass auch die ulcusauslösende hämodynamische Störung weiterhin durch Kompression kompensiert wird. Die Wundauflage soll den Wundverschluss fördern.

In der Granulations- und Epithelisierungsphase kann der Wundverschluss mit HydroTac aktiv beeinflusst und beschleunigt werden. Basis für die Wirkungsweise von HydroTac ist die innovative AquaClear Gel Technologie mit hydratisierten Polyurethanen.
Granulationsphase

PütterPro 2 und PütterPro 2 Lite – 2-Komponenten-Kompressionssysteme

PütterPro 2 und PütterPro 2 Lite sind 2-Komponenten-Kompressionssysteme, die einfach anzulegen sind. Sie bestehen jeweils aus einer kohäsiv beschichteten weißen Polsterbinde mit den Eigenschaften einer Kurzzugbinde und eines beidseitig kohäsiv beschichteten braunen Kompressionsverbands, der als Langzugbinde die Aufgabe hat, die aktiv wirksamen Druckverhältnisse der Kurzzug-Polsterbinde über längere Zeit aufrechtzuerhalten. Aus dem Zusammenspiel der beiden Binden entsteht so ein kurzzügiges Kompressionssystem, das bis sieben Tage nahezu ohne Wirkungsverlust angelegt bleiben kann. [12-17]

PütterPro 2 Lite bietet hier die Alternative für leichtere Kompression und eignet sich auch für die Behandlung von arteriell-venöser Beinulcera.
PütterPro 2

Literatur
[1] Rabe, E. „Der leitliniengerechte phlebologische Kompressionsverband“, in ­HARTMANN WundForum 4/201
[2] „Die phasengerechte Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum“, HARTMANN medical edition, Heidenheim, 2008
[3] Zöllner et al. (2007) Clinical performance of hydrogel dressing in chronic wounds; a prospective observational study; JWC (16) 2: 133-6.
[4] Specification in isis P 4.0200/ P 4.0300/ P 4.0400, HC 2.0 specification: July 13, 2015
[5] Internal report: “HydroClean 2.0: Design validation customer/user interviews” by Joachim Ellermann; International Marketing Department, April 22, 2015
[6] Smola, H. (2016). Simplified treatment options require high-performance dressings – from molecular mechanisms to intelligent dressing choices. EWMA 2016. Bremen, 11.-13. Mai 2016.
[7] Ousey, K. et al. (2016). Hydro-Responsive Wound Dressings simplify T.I.M.E. wound management framework. British Journal of Community Nursing 21 (Supplt. 12), pp. S39-S49.
[9] Smola, H. et al. (2016). Hydrated polyurethane polymers to increase growth factor bioavailability in wound healing. HydroTherapy Symposium: A New Perspective on Wound Cleansing, Debridement
and Healing. London, 3. März 2016.
[10] Data on file: ISIS specification P 2.6742.
[11] Zöllner, P., Schmid, H., Schulz, H. (2011): Observational Study on a Novel Bi-elastic Short Stretch Bandage for the Treatment of Chronic Venous Insufficiency
[12] Benbow, Maureen, J. Wound Care, 2013.
[13] Benbow, Maureen, J. Wound Care 2014.
[14] Cardoso et al., Rev Esc Enferm USP, 2018.
[15] Welsh et al., J Clin Nurs., 2017.
[16] Data on file: Design Verification.
[17] Tamoué, F. Clinical Evaluation