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Ökonomie versus Medizin

Wie sieht die Zukunft der deutschen Kliniken aus?

Wird die Fokussierung des Krankenhausmanagements auf ökonomische Ziele zunehmen? Und werden dadurch ethische Aspekte der ganzheitlichen Patientenversorgung in den Hintergrund rücken? Diese kontroversen Fragen wurden beim HARTMANN Zukunftsforum 2018 diskutiert.

von der HARTMANN Online-Redaktion

Haben medizinische und ökonomische Aspekte der Patientenversorgung Vorrang? Die öffentliche Diskussion dreht sich dabei auch darum, ob private Betreiber (nur) ihre Rendite im Fokus haben, während freigemeinnützige Träger eher in ethisch-moralischen Kategorien denken und dabei ökonomische Aspekte des Krankenhausmanagements nicht ausreichend berücksichtigen.

Zukunftsforum Diskussionsrunde Oekonomie vs. Medizin
Diese Fragestellung war der Auftakt zur Diskussion von Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der RHÖN-Klinikum AG und Andreas Mörsberger, Vorstand Finanzen Paul Gerhardt Diakonie, beim HARTMANN Zukunftsforum 2018.

Es stellte sich schnell heraus, dass beide Klinikvertreter keinen Gegensatz zwischen Ökonomie und Medizin sehen. Beides müsse Hand in Hand gehen, um den künftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu begegnen und auch künftig das Patientenwohl sicherzustellen.
Mörsberger
Andreas Mörsberger, Vorstand Finanzen der Paul Gerhardt Diakonie gAG

Die Politik setzte nach Meinung der Experten falsche Anreize: „(Sie) wirkt nicht positiv-gestaltend auf einzelne Krankenhäuser, sondern verfolgt das eindimensionale Ziel der kurzfristigen Kostensenkung. Die Kannibalisierung von Krankenhäusern ist nicht schön, aber genau das Ergebnis, dass die Politik erreichen möchte“, so Mörsberger.

Auch Holzinger forderte von der Politik ein anderes Vergütungssystem und solide Investitionsbedingungen. Beides sei wegen der digitalen Transformation dringender denn je erforderlich. „Schaffen wir diesen Wandel nicht, stehen angesichts des weiter zunehmenden demografischen Drucks spätestens ab 2024 wahre Horrorszenarien an. Durchaus denkbar ist dann die Rationierung von Gesundheitsleistungen. Wie zum Beispiel keine neuen Hüftgelenke mehr für über 75-jährige“, so Holzinger.

Holzinger
Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der RHÖN-Klinikum AG
Investitionen halten beide Vertreter für absolut notwendig für die Zukunftssicherung. Das Rhön-Klinikum setzt hierbei gezielt auf digitale Ausstattung und neueste medizintechnische Entwicklungen, wie intelligente Algorithmen im Pflegebereich. Im Campus Bad Neustadt investiert das Unternehmen eine viertel Milliarde Euro, um eine hochmoderne Medizinstadt zu bauen, die die Bedürfnisse der Patienten respektiert. Das Ziel der Effizienzsteigerung kann laut Holzinger mit dem Einsatz digitaler Technologien und durch Auslagerung von Tätigkeiten, die keine examinierte Pflegekraft erfordern erreicht werden. All dies setze aber teilweise auch einen Kulturwandel voraus: „Der Halbgott in Weiß wird zum Assistenten für Apps!“

Den Fachkräftemangel sehen beide Klinikvertreter bereits jetzt als große Herausforderung. Sie glauben nicht an eine politische Lösung, sondern setzen auf Eigeninitiative und viele Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsattraktivität in ihren Häusern. Holzinger verwies darauf, dass das Problem des Fachkräftemangels im eigenen Land gelöst werden müsse. Zitat: „Wir können Pflegekräfte weder backen noch entführen.“ Attraktivere Vergütung, neue Jobprofile oder eben neue Technologien seien gefragt. Für Mörsberger ist die momentane Situation „nur die Spitze des Eisbergs“.

Bei der Patientenerwartung hinsichtlich Komfort und Qualität setzt vor allem die Paul Gerhardt Diakonie auf ethische und christliche Werte, wogegen das Rhön-Klinikum die exzellente Ausstattung mit neuen Technologien als Vorteil sieht. Mörsberger dazu abschließend: „Schlüsselfaktoren wie Service oder Zuwendung werden wichtiger, qualitative Unterschiede zwischen Krankenhäusern werden aufgrund des für alle gleichen regulatorischen Rahmens unwichtiger“.