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Krank auf dem Land

Wie ist die Versorgung in der Fläche zu sichern?

25 Kilometer zur nächsten Arztpraxis? In vielen Gegenden Deutschlands ist das schon heute Realität. Und immer weniger Mediziner wollen sich in unterversorgten Regionen niederlassen – schon gar nicht als Hausarzt. Lösungen für dieses Problem wurden beim HARTMANN Zukunftsforum 2018 diskutiert.

von der HARTMANN Online-Redaktion

Untersuchungen zeigen, dass aktuell bereits 2.500 Hausärzte in Deutschland fehlen. Zudem stehen viele kurz vor der Pensionierung, sodass sich die Situation in den nächsten Jahren noch verschärfen wird. Besonders dramatisch ist das Problem in ländlichen Gebieten, aber auch in einigen Großstädten ist eine Unterversorgung mit Hausärzten zu beobachten.


Zukunftsforum Diskussionsrunde
Für Anke Richter sind es mehrere Gründe, die dazu führen, dass junge Mediziner sich heute nicht als Hausarzt niederlassen möchten. Da sei zum einen der Fokus der jüngeren Generation auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance, der mit dem klassischen Hausarztbild nicht in Einklang zu bringen ist. Zudem ist die Anerkennung der Allgemeinmedizin immer noch geringer als für andere Fachärzte, und nicht zuletzt fehle es in vielen Gemeinden auf dem Land an der notwendigen Infrastruktur. Wenn es dort keine Läden, keine Post und keine Bank gebe, sei es auch schwierig, Ärzte zu einem Umzug zu bewegen.

Anke Richter
Dr. Anke Richter, Hausärztin und Landesvorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe

Gute Ansätze biete hier der Masterplan 2020, der unter anderem vorsieht, dass angehende Mediziner einen Teil ihrer Ausbildung in der Niederlassung machen. Selbstverständlich gehöre dazu auch die Qualifikation der medizinischen Fachangestellten hin zur Versorgungsassistenten. „Wir delegieren unsere Aufgaben, aber wir brauchen keine Substitution“, meint Richter. „Denn so haben wir den Vorteil, dass alle Fäden beim Hausarzt zusammenlaufen.“ All dies diene dem Kompetenzerhalt des Hausarztes.

Diesen Typ des klassischen Hausarztes hält Biggi Bender dagegen für ein Fossil. Den klassischen Landarzt gebe es nicht mehr, der Arzt der Zukunft sei eine Ärztin, die zwischen Beruf und Privatleben eine deutliche Trennlinie ziehe. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die Ressource Arzt verknappt“, meint Bender. Zugleich zeigten die Zahlen aber, dass wir in Deutschland noch nie so viele Ärzte hatten wie heute. Aber das Verhältnis von 60 % Fachärzten zu 40 % Allgemeinärzten stimme ebenso wenig wie die regionale Verteilung.

Wie also die Ärzte aufs Land bekommen? Bender führt Programme auf wie z. B. ein Stipendienprogramm in Baden-Württemberg für Studierende nach dem Physikum, die sich für die ländliche Versorgung entscheiden. Zugleich stellt sie die Frage, ob sich auch beim Verhalten der Patienten etwas ändern ließe. Muss beispielsweise bei chronisch Kranken die Kontrolle immer mit einem Praxisbesuch verbunden sein? Können Aufgaben auf Praxisassistentinnen übertragen werden? Oder lassen sich moderne digitale Verfahren nutzen? Impulse für weitere Schritte in Richtung Telemedizin gingen zuletzt auch von der Bundesärztekammer aus, die sich für eine Abschaffung des Fernbehandlungsverbots aussprach.

Auch wenn Anke Richter sowohl beim Thema Digitalisierung als auch Delegation und Substitution ihre Bedenken äußerte, konnten sich die beiden doch auf einige Punkte einigen. So sehen sie zukünftig mehr neue Formen wie medizinische Versorgungszentren, von Kommunen betriebene Praxisräume oder Patientenbusse für eine regelmäßige Versorgung der Bevölkerung auf dem Land.
Biggi Bender
Biggi Bender, Leiterin der vdek-Vertretung Baden Württemberg

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