WundForum 3/2020

Tumors und des daraus resultierenden Hautinfilt- rates zu berücksichtigen. Erste Maßnahme: Auch bei exulzerierenden Wunden ist eine klare Diagnosestellung und ein sorgfältiges Wundassessment von Bedeutung. Dies kann einerseits dabei helfen zu prüfen, ob alle kurativen Ansätze ausgeschöpft sind, und dient andererseits prognostischen Zwecken. Nicht zuletzt lassen sich dadurch die Art und das Ausmaß der zu erwartenden Probleme evaluie- ren, um den Patienten gegebenenfalls schonend darauf vorbereiten zu können. Pflegerische Maßnahmen: Kann nicht mehr im Sinne einer temporären Verbesserung der Wund- situation therapiert werden, setzen die pflegeri- schen Maßnahmen ein. Diese können präventiver Natur sein, etwa bei noch nicht exulzerierten Hautinfiltraten, oder konzentrieren sich auf die Linderung von (wundbezogenen) Schmerzen, die Kontrolle von Blutungen, die Bekämpfung der Geruchsbelästigung usw. Präventive Maßnahmen: Sie bestehen darin, die vom Tumor betroffenen, nach außen noch intakten, jedoch sehr empfindlichen Hautareale vor der Einwirkung äußerer Traumata zu schüt- zen. Wichtig sind hierbei eine sorgfältige, scho- nende Hautpflege, die Vermeidung von Druck und Reibung sowie das Ausschalten von Reizen durch die Kleidung (raue Stoffe, Waschmittel, einengende Miederwaren, Gürtel usw.). Zusätz- lich können die Hautareale, vor allem an beson- ders verletzungsanfälligen Körperstellen wie zum Beispiel Körperfalten, durch geeignete weiche Verbände oder Schutzpolster vor mechanischer Irritation geschützt werden. Dokumentation: Die Dokumentationspflicht der Wundversorgung gilt generell auch in der Palliativsituation, unabhängig davon, ob es sich um eine Tumorwunde oder ein chronisches Ulkus anderer Genese handelt. Ob die schriftliche Dokumentation dabei mit einer fotografischen unterstützt wird, ist allerdings sehr sensibel zu handhaben, um die Gefühle des Patienten nicht zu verletzen. Es ist gut zu überlegen, ob der Nut- zen die Belastungen des Patienten rechtfertigt. Schmerztherapie Die Qualität der palliativen Wundversorgung kann daran gemessen werden, wie gut es gelingt, ständige Wundschmerzen zu lindern und Schmerzspitzen beim Verbandwechsel zu ver- meiden. Eine ggf. erforderliche Dauermedikation bzw. lokale Medikation des Wundschmerzes erfolgt auf ärztliche Anordnung. Einen möglichst schmerzfreien Verbandwechsel durchzuführen, obliegt zumeist der Pflegefach- kraft. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, wie gut es gelingt, zum Patienten eine vertrau- ensvolle Beziehung aufzubauen, die ggf. auch pflegende Angehörige miteinbezieht. Ein häufi- ger personeller Wechsel, z. B. in der häuslichen Palliativpflege, sollte aus diesem Grund weitge- hend vermieden werden. 7 Die Verbandwechsel so gut wie möglich planen und den Patienten sowie  pflegende Angehörige rechtzeitig über die geplanten Maßnahmen aufklären. 7 Vor dem Verbandwechsel Schmerzstatus eva- luieren – Stärke, neu aufgetretene Schmerzen? 7 Besondere Fürsorge benötigen Demenzkranke, die sich zu ihren Schmerzen nicht mehr aus- reichend äußern können. Schmerzstärke ggf. mithilfe von Schmerzskalen ermitteln. 7 Mindestens 30 Minuten vor dem Verband- wechsel sollte ein Analgetikum zur Schmerz- stillung verabreicht werden, da fast alle Medi- kamente zur Verhinderung von Durchbruchs- schmerzen diese Zeit bis zum Wirkungseintritt benötigen. 7 Topisch ist ein Lokalanästhetikum in Form einer Creme (EMLA) mindestens 30 Minuten vor dem geplanten Verbandwechsel ange- zeigt. Als Dauertherapie ist ein Lokalanästheti- kum jedoch nicht geeignet. 7 Möglich ist auch die Applikation eines Mor- phin-Gels (1 mg Morphin / 1 g Hydrogel) oder einer Morphinlösung auf einem Alginatträger, entsprechend der ärztlichen Anordnung. 7 Verbandmaterialien sind so zu wählen, dass sie nicht mit der Wunde verkleben – mehr dazu auf Seite 12. Ein verklebter Verband bereitet beim Entfernen nicht nur starke Schmerzen, sondern kann im Falle der exul- zerierenden Tumorwunde auch zu riskanten Blutungen führen. Wundreinigung Bei Tumorwunden dient die Wundreinigung nicht mehr der Konditionierung der Wunde, sondern hat zum Ziel, nekrotisches Gewebe abzutragen und so gut wie möglich die Neubildung von Nek- rosen einzudämmen. Weniger Nekrosen tragen entscheidend zur Verminderung von Gerüchen bei, die durch Gewebezerfall entstehen. Gleichzeitig kann durch sorgfältig durchge- führte Reinigungsmaßnahmen eine Verringerung der Keimbesiedelung erreicht werden, wodurch ebenfalls Gerüche bekämpft, aber auch das infektiöse Geschehen unter Umständen kontrol- liert werden kann. 7 Um Spontanblutungen des Tumorgewebes zu vermeiden, sind alle Reinigungsmaßnahmen äußerst schonend durchzuführen, beispiels- weise mithilfe der feuchten Wundbehandlung Wissen 10 HARTMANN WundForum 3/2020

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