WundForum 3/2020

Aber auch lang bestehende Ulzera, vor allem Beinulzera, können maligne entarten. Therapie- resistente Ulzera sind deshalb histologisch abzu- klären, wobei in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit der frühzeitigen Probeexzision hinzuweisen ist. Die Probeexzisionen müssen an mehreren Stellen – am Rand und in der Ulkus- mitte – entnommen werden. Wie werden Tumorwunden erlebt? Eine durchbrechende Tumorwunde ist für den Patienten ein nicht mehr zu ignorierendes Anzei- chen, dass seine Krebserkrankung in ein letztes, schweres Stadium getreten ist. Seine Reaktionen darauf, aber auch die seiner Angehörigen, kön- nen sehr unterschiedlich sein und reichen von der Ablehnung, vom (verzweifelten) Nicht-wahrha- ben-Wollen bis hin zur übermäßigen Beachtung der Wunde als Ersatzhandlung. Hinzu kommt, dass Tumorwunden in diesem Stadium meist mit starken Schmerzen, ausge- prägter Geruchsbelästigung und oftmals hohen Exsudatmengen verbunden sind. Der Patient lei- det unter der Veränderung und Zerstörung seines Körperbildes und empfindet sich selbst gegen- über nicht selten Ekelgefühle, die zum Rückzug und zur Isolation führen. Mit dieser Situation zurechtzukommen, ist auch für die Angehörigen ungemein schwer. Überforderung und Konflikte sind oft die Folge. Denn einerseits sehen sie den Leidensdruck und spüren die existenziellen Ängste des von ihnen geliebten Menschen, können aber nicht mehr helfen. Andererseits ist es nur allzu gut nachzu- vollziehen, dass es auch sie vor dem Anblick des Geschwürs ekelt und sie sich durch den schlim- men Geruch extrem belastet fühlen. Aber auch Ärzte und Pflegekräfte sind nicht frei von gemischten Gefühlen wie Hilflosigkeit angesichts der Aussichtslosigkeit der Situation, großem Mitleid mit dem Patienten oder auch von Berührungsängsten, die nicht zuletzt im Zustand und Anblick der exulzerierenden Tumorwunde ihre Ursachen haben. Um Überlastungssyndro- men bei Pflegekräften vorzubeugen, sollte in der Palliativpflege ein gut zusammenarbeitendes, sensibles Team bereitstehen, das auch in der Lage ist, durch Supervision Teammitglieder vor eventuellen physischen und psychischen Überlas- tungen zu schützen. Prinzipien der Versorgung von Tumorwunden In der Palliativsituation hat die Linderung der Symptome und Beschwerden Priorität, was vereinzelt mögliche kurative Ansätze nicht aus- schließt. Dabei sind sowohl die individuellen Bedürfnisse des Patienten als auch die Art des Exulzeriertes Mammakarzinom Ulcus cruris, verursacht durch ein Basaliom Ulcus cruris als Folge eines Spindelzellkarzinoms Strahlenulkus Beispiele für Tumorwunden Wie maligne Tumorwunden entstehen Maligne Tumorwunden entstehen durch Infiltration von Tumorzellen in das Hautgewebe: Zellen aus dem Primärtumor durchbrechen die Gefäßwände zu Blut- und Lymphgefäßen, dringen in die Blut- und Lymphbahnen ein [1], setzen sich z. B. an Kapillaren fest und beginnen mit der Zellteilung [2], was zu einem ungehemmten Zellwachstum führt und den Zusammenbruch der tumoreige- nen Blutversorgung zur Folge hat. Durch die Kombination aus ungehemmten Zellwachstum und dem Zusammen- brechen der tumoreigenen Blutversorgung entstehen massive geschwürige Gewebszerstörungen. Die Geschwüre brechen auf, der Tumor exulzeriert und wird „offensichtlich“ [3]. Ein ulzerierter Tumor geht meist mit schweren Kompli- kationen wie Infektionen, (starker) Exsudation, Geruchsbildung, Blutungen und Schmerzen einher. 1 2 3 Wissen 9 HARTMANN WundForum 3/2020

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