Wundbehandlung

Richtig applizieren und fixieren – Tipps für die Praxis

PraxisEin sachgerecht angelegter Wundverband ist für den störungsfreien Ablauf der Wundheilung von großer Bedeutung. Hier werden allgemeingültige Regeln und Tipps zur Applikation von Wundauflagen beschrieben.

von der HARTMANN Online-Redaktion
Abgesehen von einigen selbsthaftenden Wundauflagen besteht ein vollständiger Wundverband aus einer indikationsgerechten Wundauflage und entsprechender Fixierung. Während das Anlegen eines Wundverbandes auf flächigen Körperteilen zumeist kein Problem darstellt, erfordert das Fixieren von Wundauflagen an Gelenken und konischen Körperteilen von den Pflegenden häufig viel Kreativität und Ideenreichtum. Des Weiteren müssen sich die ausgewählten Materialien der individuellen Wundsituation anpassen und gleichzeitig eine Wundtherapie nach aktuellen Standards gewährleisten, was vor allem bei chronischen Wunden eine große Rolle spielt.

Sowohl für die Applikation von Wundauflagen als auch für die Fixierungen können nun unabhängig von den verwendeten Materialen einige allgemeingültige Regeln festgelegt werden, deren Einhaltung eine wichtige Voraussetzung für den heilungsfördernden Wundverband sind.

Wichtiges zur Applikation von Wundauflagen

Oberste Regel ist: Jede Wundauflage kann nur dann ihre Aufgaben der Reinigung und Förderung von Granulation und Epithel erfüllen, wenn sie guten Kontakt zur Wundoberfläche hat. Bei gutem Wundkontakt kann überschüssiges, keimbelastetes Exsudat in die Wundauflage aufgenommen bzw. umgekehrt von der Wundauflage Feuchtigkeit an die Wunde abgegeben werden.

  • Bei flächigen Wunden werden flächige Wundauflagen (Kompressen) möglichst „passgenau“ in der Größe auf die Wundoberfläche aufgebracht.
  • Sind zwei Kompressen zur Versorgung der Wundfläche erforderlich, diese nicht überlappend, sondern schlüssig nebeneinander auflegen.
  • Auch bei ödematös aufgedunsenen Wundrändern sollte die Wundauflage diese nicht überlappen, weil damit der Kontakt zur in der Regel tiefer liegenden Wundfläche nicht gegeben ist. Die Wundränder sind getrennt durch entsprechende Hautschutzpräparate zu versorgen.
  • Gegebenenfalls kann eine Wunde mit stark erhöhten Wundrändern auch mit tamponierfähigen Wundauflagen versorgt werden, um den notwendigen Wundkontakt herzustellen.
  • Tiefe und / oder zerklüftete Wunden werden zur Sicherstellung des Exsudatabflusses aus der Tiefe mit geeigneten Materialien (spezielle tamponierfähige Wundauflagen wie HydroClean cavity oder Calciumalginatkompressen wie Sorbalgon) locker austamponiert.
  • Es ist äußerst wichtig, dass nicht zu fest austamponiert wird. Durch den Druck zu fester Tamponaden wird die Mikrozirkulation der Wundfläche und speziell des Granulationsgewebes beeinträchtigt. Folge davon: weißliche, schmierige Beläge und erneut Nekrosen.
  • Grundsätzlich sollten nur atraumatische, d. h. nicht mit der Wundfläche verklebende Wundauflagen und Tamponaden eingesetzt werden. Nur dann lassen sich Wundauflagen ohne wundheilungsstörendes Zellstripping und größere Schmerzen entfernen.
  • Kommen jedoch „saugende, verklebende“ Verbandstoffe zum Einsatz, ist die Wundfläche unbedingt mit nicht verklebenden Salbenkompressen (z. B. Atrauman) oder Wunddistanzgittern (z. B. Atrauman Silicone) zu schützen, um ein Zellstripping mit all den negativen Folgen zu vermeiden.
  • Unterbleiben soll des Weiteren, mehrere Wundauflagen mit gleichem oder ähnlichem Wirkprinzip übereinander aufzulegen. Solche „Woundburger“ haben keinerlei therapeutischen Nutzen, sondern sind lediglich Materialverschwendung.
  • Sog. Sekundärverbände, beispielsweise mit Mull- oder Saugkompressen wie Zetuvit plus, sind hingegen erforderlich zum Aufnehmen von Wundexsudat bei Salbenkompressen, die selbst nicht saugen, oder bei stark nässenden Wunden (zum Beispiel Tumorwunden), um ein suffizientes Exsudatmanagement sicherzustellen.

Wichtiges zur Fixierung von Wundauflagen

Die wichtigste Aufgabe eines Fixierverbandes ist, das Verrutschen und Lockern der Wundauflage zu verhindern. Denn nicht sicher fixierte Wundauflagen können auf der Wunde Bewegungsreize verursachen, wodurch es zu Störungen der Wundheilung kommen kann.

Von Bedeutung ist außerdem die leichte Kompressionswirkung zirkulärer Fixierungen. Bei flächigen Wundverhältnissen kann damit der Kontakt der Wundauflage an die Wundoberfläche verbesssert werden. Mit einem leichten, planen Druck lässt sich außerdem der Entstehung heilungsverzögernder Wundrandödeme vorbeugen. Auch bei Hauttransplantationen erfolgt die abschließende Fixierung der Wundauflagen mit mäßiger Kompression.

Wichtiger Hinweis: Der plane Druck ist immer indikationsgerecht leicht zu dosieren. Ist er zu stark, kann die Wundauflage in ihrem Saugvermögen oder die Mikrozirkulation im Wundgebiet beeinträchtigt werden.

Des Weiteren hat ein Fixierverband Schutzfunktion. Zusätzlich zur Wundauflage soll er die Wunde vor dem Eindringen von Schmutz und Keimen schützen, sie gegen Druck und Stoß abpolstern und notfalls auch überschüssiges Exsudat aufnehmen.

Allerdings ist zu beachten: Drückt Blut oder Exsudat durch den Fixierverband, muss der gesamte Wundverband sofort gewechselt und die Wunde inspiziert werden. Durchfeuchtete Fixierverbände stellen ein gefährliches Keimreservoir dar.

Tipps zum Applizieren

Zu einigen HARTMANN Wundauflagen, die aus der Wundbehandlung nach aktuellen Standards nicht mehr wegzudenken sind, sollen nachfolgende Tipps zum Handling als Ideengeber bei der praktischen Durchführung der Wundbehandlung dienen. Die praktischen Tipps zur Anwendung der hier vorgeschlagenen Fixiermaterialien werden in der nächsten Ausgabe des WundForum 1/2017 vorgestellt.

HydroClean / HydroClean cavity

HydroClean überzeugt in seiner neuen Ausführung nicht nur durch seinen einzigartigen Saug- Spül-Mechanismus mit hoher Reinigungswirkung, sondern auch durch ein besonders einfaches Handling.

  • Das neue HydroClean ist dünn und flexibel und schmiegt sich hervorragend an runde Körperstellen an [Abb. 1].
  • HydroClean wird immer so aufgelegt, dass die Seite mit der HydroClean-Beschriftung oben liegt und die Beschriftung lesbar ist [Abb. 2].
  • Dies gilt auch für das Eintamponieren von HydroClean. Die HydroClean-Beschriftung muss immer lesbar sein [Abb. 3].
  • HydroClean / HydroClean cavity benötigen bei normal exsudierenden Wunden keinen Sekundärverband, können aber zum Beispiel mit Mullkompressen zum weiteren Schutz und leichter Polsterung abgedeckt werden [Abb. 4].
  • Bei stark exsudierenden Wunden empfiehlt es sich, HydroClean / HydroClean cavity mit der Saugkompresse Zetuvit plus abzudecken. Auch für eine besonders weiche Polsterung der Wunde ist Zetuvit plus ideal.
  • Die Fixierung bzw. Abdeckung von HydroClean / HydroClean cavity erfolgt idealerweise mit Hydrofilm [Abb. 5]. Möglich ist aber auch eine Fixierung mit dem Fixiervlies Omnifix oder eine Zirkulärfixierung mit der selbsthaftenden Fixierbinde Peha-haft latexfrei [Abb. 6].

Wundauflagen applizieren und fixieren

HydroTac / HydroTac comfort

Der hydroaktive Schaumverband HydroTac / HydroTac comfort zur Beschleunigung des epithelialen Wundverschlusses hat ebenfalls einige Details aufzuweisen, die die Handhabung erleichtern.

  • Durch die netzartige Hydrogelbeschichtung haftet HydroTac leicht auf der Wunde, sodass mit dieser Vorfixierung eine einfache Anbringung möglich ist. Je nach Lokalisation der Wunde kann die zusätzliche Fixierung mit dem elastischen Fixiervlies Omnifix oder der Fixierbinde Peha-haft latexfrei erfolgen.
  • Auch eine Fixerung mit dem semipermeablen Folienverband Hydrofilm kann sinnvoll sein, weil damit geduscht werden kann bzw. die Körperpflege erleichtert wird [Abb. 7]. Hinweis: Damit Hydrofilm gut haftet, ist darauf zu achten, dass die Wundränder trocken und rückstandsfrei sind. Auch eine starke Behaarung kann die Klebekraft mindern, ggf. rasieren.
  • Für Wunden im Sakralbereich, an Fersen, Ellbogen und Knie stehen mit HydroTac sacral [Abb. 8] und HydroTac concave [Abb. 9] Produktvarianten in optimal passenden Formen zur Verfügung. Diese lassen sich optimal mit Fixierverbänden wie Omnifix oder Peha-haft latexfrei fixieren.
  • Bei der Applikation von Hydro­Tac am Unterschenkel kann ggf. eine Vorfixierung mit einem Fixierpflaster hilfreich sein, um ein Rutschen zu verhindern. Danach wird zusätzlich mit Omnifix oder Pehahaft latexfrei fixiert.
  • HydroTac kann zur individuellen Anpassung an schwierig zu versorgenden Lokalisationen zugeschnitten werden. Hinweis: Zum Zuschneiden sterile Scheren und Pinzetten verwenden.
  • Zur sicheren, keimfreien Fixierung ist HydroTac comfort mit einem umlaufenden, hypoallergenem Kleberand ausgestattet.
  • Beim Anlegen ist auch auf die aufgedruckte Reihenfolge beim Ablösen der Trägerfolien zu achten. Um ein Verkleben zu vermeiden, sollten nie alle Trägerfolien zugleich abgelöst werden.

Wundauflagen applizieren und fixieren

Salbenkompresse Atrauman

Atrauman ist eine wirkstofffreie Salbenkompresse aus hydrophobem, engmaschigem Polyestertüll mit glatter Oberflächenstruktur, imprägniert mit einer neutralen Salbenmasse, deren pflanzliche Fettsäuren aktiv den Lipidstoffwechsel unterstützen und damit den Heilungsprozess fördern. Sowohl der hydrophobe Polyestertüll als auch die Salbenimprägnierung wirken einer Verklebung entgegen, sodass mit Atrauman ein atraumatischer Verbandwechsel möglich ist. Durch den Salbenauftrag hält Atrauman zudem Wundflächen und -ränder geschmeidig, schützt die Wunde vor dem Austrocknen und beugt Narbenkontrakturen vor [Abb. 11].

  • Durch den Salbenauftrag ist Atrauman selbst nicht saugfähig. Zur Aufnahme von Exsudat ist deshalb über Atrauman eine Saugkompresse zu applizieren (Sekundärverband).
  • Atrauman kann mit jeder Art von Saugkompressen kombiniert werden. Bei stark exsudierenden Wunden empfiehlt sich jedoch die besonders saugstarke Saugkompresse Zetuvit Plus.
  • Die einzelnen Salbenkompressen liegen zwischen zwei Schutzfolien. Zur Applikation wird zuerst die wundseitige Folie entfernt und dann die obere. Bleibt die obere Folie liegen, kann kein Exsudat in den Sekundärverband aufgenommen werden.
  • Atrauman kann individuell zugeschnitten werden.
Sorbalgon auf Wunde

Calciumalginat-Kompresse Sorbalgon

Sorbalgon ist eine tamponierbare, wirkstofffreie Kompresse / Tamponadestreifen aus Calciumalginat-Fasern, die sich im Austausch mit den Natriumsalzen von Blut und Exsudat in ein feuchtes, saugfähiges und nicht verklebendes Gel umwandeln und die Wunde ausfüllen. Dadurch ergibt sich ein enger Wundkontakt und ein für die Heilung günstiges Mikroklima. Keime werden während der Umwandlung in der Gelstruktur eingeschlossen. Durch die ausgezeichnete Tamponierbarkeit ist Sorbalgon ideal zur Reinigung und Konditionierung tiefer und zerklüfteter, infizierter / nicht infizierter Wunden sowie nach einem chirurgischen Débridement.

  • Sorbalgon wird aufgelockert (z. B. vorher mit steriler Pinzette auseinanderziehen) und ohne Druck in die Wunde eingelegt [Abb. 12]. Das lockere Einbringen vermeidet, dass das sich bildende Gel Druck auf den Wundgrund ausübt.
  • Sorbalgon nicht über den Wundrand hinaus, sondern vollständig in die Wundhöhle einbringen [Abb.13].
  • Das Gel ist nach Sättigung gelblich verfärbt, was nicht mit Eiter verwechselt werden darf.
  • Bei zerklüfteten Wunden mit wenig ist Sorbalgon zweckmäßigerweise mit Ringerlösung zu befeuchten. Bestens für diese Wundart geeignet ist aber auch Hydrosorb Gel.
  • Der Gelpfropf wird mit einer Pinzette aus der Wunde entfernt. Eventuell in der Wunde verbliebene Fasern mit Ringerlösung ausspülen.
  • Sorbalgon kann mit Mullkompressen abgedeckt werden, bei starker Exsudation ist Zetuvit Plus ideal. Für die Fixierung empfiehlt sich Omnifix.
  • Bei Zetuvit plus ist zu beachten, dass die wundabgewandte Seite über ein Spezialvlies als Kontaminationsschutz verfügt. Zur Vermeidung von Applikationsfehlern ist sie grün eingefärbt [Abb. 14].

Wundauflagen applizieren und fixieren

Wenn bestimmte anatomische Gegebenheiten eine individuelle Anpassung konfektionierter Wundauflagen erfordern, ermöglicht ein spezielles Ein-, Aus- und Zuschneiden der Wundauflage nach erprobten „Schnitt-mustern“ ein passgerechtes Aufbringen.