WUNDFORUM 1/2021

2 3 4 5 nahmen wieder zu und die Wunde nässte vermehrt. Der Patient hatte starke Schmerzen und der Schlaf war gestört. Er war in seinen Alltagsaktivitäten einge- schränkt und frustriert über den Hei- lungsverlauf und die Verschlechterung des Wundzustands. Wir stellten die Wundversorgung um. Zur Aufnahme des vermehrten Exsudats und Schonung der Wundum- gebung vor aggressivem Exsudat kam Zetuvit Plus zum Einsatz. Dann galt es, die subjektiven Prob- leme zu lösen, die der Patient durch den Pflegedienst hatte. Er erzählte, wie unglücklich er mit der Situation sei, dass er zeitgebunden auf den Pflege - dienst oder die Wundexpertin wartete, manchmal auch schon der Verband durchnässt gewesen sei und er es eigentlich nicht mochte, dass fremde Personen in seine Wohnung kämen. Wenngleich unsere Zusammen- arbeit mit ambulanten Pflegediensten überwiegend konstruktiv ist, wissen wir, dass ambulanten Pflegediensten durch die zeitliche Planung und dem Wirtschaftlichkeitsgebot Grenzen gesetzt sind. So haben wir mit dem Patienten ab Juli 2019 vereinbart: ½ Der Patient kümmert sich selbst um seine Wundversorgung. ½ Wir als Praxis unterstützen ihn inso- fern, als er jederzeit bei Fragen oder Veränderungen an der Wunde in die Sprechstunde kommen kann. schüre vor dem Verbandwechsel noch einmal ansehen zu können. Schulung und Anleitung Der Patient wurde angeleitet und geschult, die Wundversorgung führte er anschließend selbstständig zu Hause fort. Bei Fragen oder Verände- rungen des Wundzustands boten wir ihm an, sich umgehend in der Praxis vorzustellen. Ansonsten hatten wir feste Termine einmal monatlich ver- einbart. Die Wundversorgung wurde nach folgenden Schritten eingeübt. 1. Bereitlegen der benötigten Materialien 2. Entfernen des alten Verbands unter adäquater Schmerzreduktion 3. hygienische Händedesinfektion 4. Wundreinigung nach Non-Touch- Technik mit sterilen Kompressen 5. Wundabdeckung mit adäquaten, nicht verklebenden Wundauflagen 6. Anziehen des Ulkusstrumpf- systems. In der ersten Zeit stellte sich der Patient mehrfach vor, da er nach eige- nen Angaben noch unsicher war, ob sich die Wunde verschlechtert hatte. Im Verlauf gewann er jedoch mehr Vertrauen in seine Einschätzung und wir sahen ihn, wie geplant, nur noch einmal im Monat. Im Juni 2020 stellte sich Herr G. mit einer abgeschlossenen Wundheilung vor. e 4 Die Rezidivprophylaxe wird von ihm konsequent durch das Tragen der Unterschenkel-Kompressionsbe- strumpfung mit einer Kompressions- klasse II durchgeführt. Fazit Da unser Patient nicht mehr an die Ein- sätze eines Pflegedienstes gebunden war, konnte er seinen Alltag nach sei- nen Bedürfnissen führen. Er erzählte, dass durch die eigene Durchführung die Schmerzen während der Wund- reinigung, aber auch insgesamt am Tag erträglicher gewesen seien. Die Einstellung eines Patienten zu seiner Wunde kann somit Auswirkungen auf den Wundheilungsprozess haben. Wir sind der Überzeugung, dass ein informierter und angeleiteter Patient als Partner die Wundheilung positiv beeinflusst. ½ Der Patient kümmert sich selbst um die Beschaffung der Materialien nach unseren Verordnungen. ½ Der Patient hält die Regeln der Hygiene ein. ½ Wenn die Selbstversorgung nicht klappt, wird wieder ein Pflegedienst eingeschaltet. Grundsätzliches Ziel der Abmachung war, dass wir die Selbstpflegekompe - tenzen des Patienten im Bereich der Wundversorgung stärken und ihm ein Stück Selbstständigkeit zurückgeben wollten. Des Weiteren erhofften wir uns eine verbesserte Wundheilung, da psychische Belastungen die Wundhei- lung negativ beeinflussen können. Der Patient willigte sichtlich erleichtert ein. Beratung So wurde der Patient in der Praxis angeleitet, seine Wunde selbst zu versorgen. Wir verwenden hierzu Bro- schüren, die wir den Patienten mitge- ben. Insbesondere wiesen wir auf die Informationen zu „Umgang mit Mate- rialien“ und „Hygienischer Umgang mit Verbandmitteln“ in der Broschüre „Wundwissen – einfach praktisch“ des Wundzentrums Hamburg e.V. hin. Auch wenn Abläufe der Wundver- sorgung in der Praxis durch Erklären, Vormachen und Durchführen nach Anleitung erfolgen, ist die eigene Durchführung in der Häuslichkeit eine andere Situation. Hier ist es hilfreich, sich die Informationen in der Bro- 18 HARTMANN WUND FORUM 1/2021 PRAXIS

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