WUNDFORUM 1/2021

noch nicht richtig gesehen. In die- sem Fall kann ihm seine Wunde mithilfe eines Spiegels oder eines digitalen Fotos gezeigt werden. e 1 ½ Die Versorgung von Wunden an schwer erreichbaren Körperregio- nen bedarf häufig der Hilfe weiterer Personen. Kann sie vom Patien- ten / Angehörigen nicht selbst durch - geführt werden, wird vom behan- delnden Arzt die Einbindung eines Pflegedienstes empfohlen. ½ Im Einzelfall ist jedoch immer abzu- wägen, was für den Patienten das Beste ist. Für einige Menschen ist der Besuch durch den Pflegedienst eine angenehme Entlastung, für andere eine Belastung. Basis der Patientenedukation – Ermittlung des Wissenstands Von ärztlicher Seite werden Patienten über die Diagnose aufgeklärt, also die Entstehungsursache der chronischen Wunde. Die daran anschließende Anlei- tung zur Wundversorgung, begleitende Therapien und die prophylaktischen Maßnahmen, um ein Rezidiv zu ver- meiden, gehören zum Aufgabenfeld der Pflege. c 2 Die Pflegefachkraft bzw. die medizinische Fachangestellte erhebt im Rahmen der Wundversor- gung und im Patientengespräch die Wissensbasis des Patienten. In unserer Praxis haben wir im ersten Jahr mehrfach den Wound- QoL-Fragebogen verwendet. Jedoch fehlte häufig die Bereitschaft der Patienten, einen Fragebogen auszu- füllen, sodass wir dazu übergingen, die im Wound-QoL genannten Punkte im Patientengespräch während der Wundversorgung zu erfragen. Auch wenn somit keine eindeutig nachweis- bare Dokumentation im Sinne eines Qualitätsmanagements gewährleistet war, notierten wir die von den Patien- ten als größte Belastung genannten Punkte – z. B. Exsudatmenge, Geruch oder Schmerzen – und konnten somit darauf gezielt eingehen. Patientenedukation am Fallbeispiel Der 50-jährige Patient stellte sich im Juli 2018 in unserer Praxis mit einem seit zwei Jahren bestehendem Ulcus cruris venosum am rechten Knöchel- bereich lateral bei einem postthrom- botischen Syndrom Stadium 3 vor. Aufgrund von früherem Drogenmiss- brauch ist der Patient in einem Substi- tutionsprogramm mit Polamidon, das er als wöchentliche Dosis erhält. Zugleich wurde der Patient von seinem Hausarzt im Juli 2018 und November 2018 Hamburger Kliniken mit der Frage zur Wundversorgung zugewiesen. Dort wurden umfangrei- che Untersuchungen durchgeführt, die einen chronischen Verschluss der V. iliaca externa beidseits bestätigten. Im Juli 2018 wurde stationär ein Wund- débridement unter Narkose durchge- führt, was zu einer Verbesserung der Wundsituation führte. Eine Rekanalisa- tion der Beckenvenen hätte nicht den erhofften Erfolg gebracht und wurde nicht durchgeführt. Der Patient wurde von seinem Haus- arzt, einem Pflegedienst und einer externen Wundexpertin, die mit einem Wundauflagenhersteller kooperiert, versorgt. Da die Vielzahl an „Mitspie- lern“ eher zu Verwirrungen führte, haben wir den Patienten gebeten, sich für einen festen Ansprechpartner zu entscheiden, der dann die Therapie vorgibt. Wir erklärten dem Patienten, dass einer „den Hut aufhaben muss“, damit eine Therapie nachvollziehbar bleiben kann. Der Patient entschied sich für unsere Praxis. Wundversorgung: Verlauf /Probleme Wir übernahmen zunächst die bishe- rige Versorgung mit einem Schaum- verband, um die für den Patienten bekannten Strukturen zu erhalten. e 2 Zusätzlich wurde von uns die Kom- pression des Beines mit einem Ulkus- strumpfsystem angeordnet. Da der Patient über enorme Schmerzen wäh- rend der Wundversorgung und auch tagsüber klagte, erhielt er Ibuprofen. Der Patient wurde über die Funktion und Handhabung des Ulkusstrumpf­ systems von uns aufgeklärt, auch wenn das eigentliche Anziehen durch den Pflegedienst erfolgte. Trotz der Kompressionstherapie klagte der Patient weiterhin über Schmerzen, sodass wir im Mai 2019 auf einen Schaumverband mit Ibupro- fen wechselten. Dies führte kurzzeitig zu einer Linderung der Beschwerden. Im folgenden Monat kam es zu Spannungen zwischen Pflegedienst und Patient: ½ Dieser klagte zunehmend darüber, dass er die Besuche des Pflege - dienstes als Eingriff in seine Privat- sphäre empfand. ½ Der Pflegedienst wiederum wies uns darauf hin, dass der Patient selbst- ständig mehrfach die Wunde bereits gereinigt hätte, was als negative Manipulation beschrieben wurde. ½ Zusätzlich bemängelte der Patient, dass die Termine und Lieferungen der Materialien nicht zeitgerecht ein- gehalten wurden. Gleichzeitig verschlechterte sich der Wundzustand. e 3 Die Schmerzen Ein Beitrag von Britta Steenfatt, Kranken- schwester und Pflege - therapeutin Wunde ICW in der Praxis für Gefäß- chirurgie Dr. Christof Nickel in Elmshorn Zur Erfassung des Wissenstands des Patienten können verschiedene Assessments genutzt werden. Der Expertenstandard „Pflege von Men - schen mit chronischen Wunden“ sieht insbesondere die Verwendung folgender Instrumente vor: ½ den Wound-QoL, einen Fragebogen zur Lebensqualität mit chroni- schen Wunden, ½ für Patienten mit Ulzerationen bei diabetischem Fußsyndrom den Frankfurter Aktivitätenkatalog der Selbstpflege sowie ½ den Wittener Aktivitätenkatalog der Selbstpflege bei venös bedingten offenen Beinen (WAS-VOB). 1 PRAXIS 17 HARTMANN WUND FORUM 1/2021

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