WundForum 3/2020

Die Palliativpflege, für die international der Begriff „Palliative Care“ verwendet wird, stellt eine tragende Säule der Palliativmedizin dar. Palliative Care entstand als eine besondere Betreuung für Tumorpatienten im Finalstadium. Inzwischen kommen die Fortschritte der Palliativ- medizin und -pflege nicht nur Tumorpatienten, sondern auch anderen Patientengruppen zugute. Vor allem sind es geriatrische Patienten mit chro- nischen Mehrfacherkrankungen, die der Palliativ- pflege bedürfen. Die Ausweitung der Palliativmedizin und -pflege auf geriatrische Patienten bringt es mit sich, dass sich auch das Spektrum der Wun- den, die in der Palliativsituation zu versorgen sind, erweitert hat. Wenngleich Tumorwunden mit ihrer komplexen Problematik nach wie vor im Vordergrund stehen, sind bei geriatrischen Patienten häufig durch chronische Gefäß- und Stoffwechselleiden oder Druck verursachte Wun- den zu versorgen, die nicht selten zusätzlich zur Tumorwunde bestehen. Die Wundversorgung in der Palliativsituation wird so oftmals zu einer großen Herausforderung, die nur durch ein inter- disziplinär angelegtes Palliativ Care-Team zu lösen ist, in dem insbesondere die Pflegefachkraft als „Care Coordinator“ gefordert ist. Charakteristik Tumorwunden Tumorwunden treten meist in fortgeschrittenen Stadien einer Krebserkrankung bei schätzungs- weise fünf bis zehn Prozent aller Krebspatienten auf. Ursachen für exulzerierende Tumorwun- den sind in den überwiegenden Fällen primäre Hauttumoren (z. B. Melanom, Plattenepithel- karzinom) oder Hautmetastasen eines ande- ren Primärtumors. Tumorarten, die häufig aus tieferen Gewebsschichten durchbrechen und exulzerieren, sind beispielsweise Tumoren der Mamma, der Lunge, der Speicheldrüsen oder des Bauchraums. Wundversorgung in der Palliativsituation Palliativmedizin und -pflege umfassen häu- fig die Versorgung ulzerierender Wunden, die nicht mehr kurativ behandelt werden können. Im Vordergrund steht dann das Bemühen, dem unheilbar kranken Men- schen sein Leiden durch eine wirksame Symptomkontrolle zu erleichtern. Denn bei begrenzter Lebenserwartung ist nicht mehr die Heilung das Ziel, sondern die Verbesse- rung der Lebensqualität. Ziele und Anforderungen Das Ziel der Palliativpflege ist laut der Weltgesundheitsorganisation WHO „die Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebens- bedrohlichen Erkrankung einhergehen, und zwar durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, untadelige Ein- schätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen belastenden Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art“. Barbara Uebach vom Malteser-Krankenhaus in Bonn beschreibt in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Sektion Pflege, die Aufgabenstellung so: „Belastungen, Probleme und Ein- schränkungen in allen Lebensbereichen, vergleichbar mit dem Total- Pain-Modell, und die außergewöhnliche Situation der Menschen mit exulzerierenden Wunden erfordern hohe Empathie, Sensibilität und kommunikative und fachliche Kompetenz – aber auch Fantasie, Krea- tivität und Mut, auch neue und manchmal unkonventionelle Wege zu beschreiten, um den Bedürfnissen und Wünschen der betroffenen Menschen bestmöglich gerecht zu werden und um in der verbleibenden Lebenszeit größtmögliche Lebensqualität zu erreichen“. Wissen 8 HARTMANN WundForum 3/2020

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