OP-Handschuhe

Infektionsschutz optimieren: „Double Gloving“ für mehr Sicherheit

OP-Handschuhe sind eine äußerst wirksame Barriere gegen Keimübertragung und erfüllen eine wechselseitige Schutzfunktion zwischen Patient und OP-Personal – solange sie unbeschädigt sind. Da Handschuhperforationen aber immer wieder „passieren“, ist die doppelte Behandschuhung eine sinnvolle Maßnahme zur Optimierung des Infektionsschutzes.

von der HARTMANN Online-Redaktion

Das Tragen von OP-Handschuhen bietet sowohl für den Patienten als auch für das medizinische Personal den besten Schutz vor Kontamination und Infektion. Bei invasiven Maßnahmen, insbesondere bei chirurgischen Eingriffen, kommt es jedoch häufig zur Handschuhperforation. Besonders oft ist dies in der Orthopädie sowie der Unfall- und Thoraxchirurgie der Fall, da das OP-Personal bei diesen Eingriffen am Knochen arbeitet und auf scharfe Enden frakturierter Knochen bzw. knöcherner Strukturen im Brustkorb trifft [6]. Belegt ist auch, dass bei etwa 18 Prozent der chirurgischen Eingriffe die dort aufgetretenen Mikroperforationen unentdeckt bleiben [7].
Mikroperforationen bzw. Nadelstichverletzungen können für Operateur und medizinisches Personal fatale Folgen haben. Aber auch der Patient ist in hohem Maße gefährdet, wenn durch perforierte Handschuhe Schweiß, Hautschuppen und Keime in offenliegendes Gewebe gelangen. So ist nachvollziehbar, dass perforierte Handschuhe das Risiko postoperativer Wundinfektionen verdoppeln [10].

Eine sichere, dabei aber einfache Maßnahme, den Infektionsschutz zu optimieren, ist das Tragen von zwei OP-Handschuhen übereinander. Diese als „Double Gloving“ bezeichnete Maßnahme hat mittlerweile eine hohe Akzeptanz und wird vom RKI und den entsprechenden Fachgesellschaften als Empfehlung bzw. Leitlinie vorgegeben. Damit sind beste Voraussetzungen gegeben, Patient und Anwendern ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten.

Doppelte Handschuhe reduzieren das Perforationsrisiko um den Faktor 10

Trägt der Operateur nur ein und nicht zwei Paar Handschuhe, erhöht sich das Risiko massiv, dass seine Haut während des Eingriffs in Kontakt mit dem Blut des Patienten kommt. Dagegen reduziert sich das Perforationsrisiko beim Tragen von zwei Handschuhen übereinander um den Faktor 10 [8]. Studien haben gezeigt, dass die Perforationshäufigkeit von 8,7 - 17,1 % bei einfachen Handschuhen durch Double Gloving auf 0 - 0,3 % zurückgeht [4,6,7].

Ein weiterer, ganz wichtiger Aspekt ist außerdem, dass beim Tragen von zwei Handschuhen übereinander eine Handschuhperforation besser auffällt. Laut einem aktuellen systematischen Review werden beim Double Gloving 90 - 92 % mehr Perforationen entdeckt [1].

Doppelte Handschuhe erleichtern das rasche Erkennen von Perforationen

Das Infektionsrisiko durch pathogene Erreger hängt davon ab, wie lange das kontaminierte Blut Hautkontakt hat. Deshalb sollte ein Defekt im Handschuh so rasch wie möglich erkannt werden. Dies wird durch das Tragen von Doppelhandschuhsystemen mit Perforationsindikation erleichtert. Im Idealfall ist der Unterhandschuh dunkel und der Außenhandschuh möglichst transparent gefärbt. Bei einer Handschuhperforation fließen Blut und / oder Spülflüssigkeiten zwischen die Handschuhschichten, dadurch wird die Farbe des Unterziehhandschuhs, der sogenannte Farbumschlag, deutlich sichtbar. Laut Studien werden beim Tragen von zwei Paar Handschuhe mit Indikatorfunktion 78 bis 90 % der Perforationen erfolgreich erkannt [9-12].

Tipps zum Double Gloving

Durch das erheblich verminderte Infektionsrisiko für Anwender und Patient empfiehlt sich die doppelte Behandschuhung bei allen invasiven Tätigkeiten, insbesondere aber bei Hochrisikopatienten, kraftaufwendigen und tiefen Eingriffen sowie bei Notfällen und „exposure prone procedures“ (EPPs) mit ihrem stark erhöhten Risiko der Erregerübertragung.

OP-Personal soll individuell entscheiden, welche Handschuhgrößen komfortabel übereinander zu tragen sind und welches Material für den einzelnen am besten geeignet ist. Der äußere Handschuh sollte nicht größer sein als der innere, um Rutscheffekte zu vermeiden. HARTMANN empfiehlt, den Innenhandschuh eine halbe Nummer größer als üblich und außen die gewohnte Größe oder für beide Handschuhe die gleiche Größe zu wählen. Dadurch werden ein hoher Tragekomfort und eine schnelle und deutliche Erkennung von Handschuhperforationen gewährleistet.

Viele Operateure zögern, zwei Paar Handschuhe übereinander zu tragen, da sie hierdurch taktile und feinmotorische Einbußen befürchten. Laut einer Vergleichsstudie zur Auswirkung einfacher und doppelter Handschuhe auf die Feinmotorik und taktile Differenzierungsfähigkeit verändert sich durch das Tragen zweier Handschuhe weder die Zweipunkt-Diskriminierung noch die Geschicklichkeit beim chirurgischen Knoten [19]. Außerdem ließ sich nachweisen, dass das initiale leichte Unbehagen verschwindet, je länger zwei Paar Handschuhe getragen werden.

OP-Handschuhe sind grundsätzlich nur an vollkommen trockenen Händen anzulegen. Denn ist die Haut noch feucht vom Desinfektionsmittel, erhöht sich die Perforationsgefahr.

Die Perforationshäufigkeit hängt auch von der Operationsdauer ab [6,10,11,13,15,17,18]. Je länger der Eingriff dauert, desto höher das Schadensrisiko. Es wird empfohlen, während der Operation alle 90 Minuten die Handschuhe zu wechseln. Bei intraoperativer Handschuhbeschädigung wird empfohlen, beide Handschuhe zu wechseln.

Double Gloving Standard bei hochkontagiösen, lebensbedrohlichen Infektionskrankheiten

Ebola-Virus

Liegen begründete Verdachtsmomente einer Infektion mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 wie Ebola vor (in Deutschland bislang drei Fälle von Ebola-Infektionen), muss das medizinische Personal strenge Hygiene- und Isolationsvorschriften einhalten. Alle Maßnahmen müssen in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt und ggf. Kompetenz- und Behandlungszentrum erfolgen. Von den Empfehlungen des Robert Koch-Institutes für den Umgang mit Verdachts- und bestätigten Fällen von Ebolafieber sind hier aufgeführt:

Einzusetzende Desinfektionsmittel

Ebolaviren sind behüllte Viren. Zu ihrer Inaktivierung reichen gemäß RKI (Stand 05.03.2015) Desinfektionsmittel mit nachgewiesener, mindestens begrenzt viruzider Wirksamkeit (wirksam gegen behüllte Viren) aus [1].

Vorgehensweise bei der Händehygiene

Bei der Behandlung eines mit Ebola infizierten Patienten ist eine geeignete Schutzausrüstung, insbesondere Schutzhandschuhe zu tragen.

  • Standardmäßig sollten mindestens zwei Paar Nitril- bzw. Butyl-Schutzhandschuhe der Kategorie III getragen werden [2].
  • Eine Desinfektion der Hände nach dem Ablegen der Schutzhandschuhe oder nach Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten von Ebola-Patienten ist für Gesundheitspersonal unabdingbar.

Weitere Infos: www.hartmann-science-center.com & www.rki.de

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

  • Im Vergleich zu einem Paar wird bei doppelten Handschuhen die Perforationshäufigkeit des der Haut direkt anliegenden Handschuhs signifikant gesenkt.
  • Durch das Tragen von zwei Paar unterschiedlich gefärbten Handschuhen wird die Perforation des Außenhandschuhs schnell und deutlich erkannt.
  • Bei Eingriffen mit einem hohen Verletzungs- und Perforationsrisiko empfehlen das Robert Koch-Institut, die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) das Tragen von zwei Paar Handschuhen übereinander. Die Verbindlichkeit dieser Leitlinien ist als erheblich zu bewerten.

Quellen: 1. Robert Koch-Institut. Rahmenkonzept Ebolafieber. Vorbereitungen auf Maßnahmen in Deutschland. Stand 05.03.2015. 2. Wolf et al. (2014) Ebolaviruserkrankung: Manifestationsformen der Infektion. Deutsches Ärzteblatt. 24. Oktober 2014

Alle Literaturhinweise beziehen sich auf die Informationsbroschüre „Doppelte Handschuhe – machen Sicherheit doppelt sicher“, die Sie telefonisch im Kundencenter Behandlung unter Telefon 0800 / 7235595 erhalten.