PFLEGEDIENST 1/2021

kann sich daraus eine Dekubitalsepsis oder unbe- merkt eine Osteomyelitis (auch Osteitis = Kno- chen(mark)entzündung) entwickeln. Die Lokalinfektion zeigt sich prinzipiell mit den klassischen Symptomen: Rötung und Über- wärmung der Hautareale rings um das Ulkus, brennende Schmerzen im Ulkusgrund und der Wundumgebung, Ödem am Ulkusrand und an der Wundumgebung sowie Bewegungseinschrän- kung. Systemisch erwartet man Fieber, Leukozy- tose und ein erhöhtes C-reaktives Protein, wobei diese Symptome im Alter oft fehlen. Ein tiefer Wundabstrich für die bakteriologische Kultur ist hilfreich und ermöglicht im Falle einer Sepsis eine gezielte Antibiotikatherapie. Wunden permanent feucht behandeln Aus Studien über die Wundpathophysiologie geht hervor, dass Wunden unter feuchten Verbänden besser heilen als unter trockenen. Die perma- nente Feuchttherapie hat einen sehr guten wund- reinigenden Effekt, schont Abwehrzellen, bewirkt ein heilungsförderndes Mikroklima und fördert die Bildung von Granulationsgewebe. Besonders wichtig ist aber auch, dass das Austrocknen der Wundflächen verhindert wird und der Verband nicht mit der Wunde verklebt. Dies ermöglicht einen atraumatischen, schmerzarmen Verband- wechsel ohne „Zellstripping“, d. h. neugebildete Zellen werden nicht mit dem verklebten Verband abgerissen. C Mehr dazu auf Seite 12 Plastisch-chirurgische Deckung eruieren Débridement und plastisch-chirurgische Deckung mittels Rotationslappen sind dank der Fort- schritte auf den Gebieten der Anästhesie und operativen Techniken möglich geworden. Erlaubt es die individuelle Situation, sollten davon auch Alterspatienten mit einem höhergradigen Deku- bitus profitieren, weil Ulzera der Kategorie III und IV ohne eine plastisch-chirurgische Operation nur schwer oder gar nicht zur Abheilung gebracht werden können. Systematisch nach Störfaktoren suchen Falls die Therapieprinzipien und vor allem die Druckentlastung konsequent eingehalten wurden und der Dekubitus trotzdem keine Tendenz zur Heilung zeigt, kann dies an allgemeinen Stör- faktoren liegen. Anhand von sorgfältig erstellten Checklisten, die auch das individuelle Risikoprofil des Patienten berücksichtigen, sollte deshalb immer wieder nach neuen oder bestehenden Störfaktoren gesucht werden. Denn nur durch das Aufdecken von Störfaktoren können neue begleitende Therapieansätze gefunden werden: Einmal sind es beispielsweise eine Malnutrition, ein Zinkmangel oder eine Depression, ein ande- res Mal eine Aspirationspneumonie oder eine Dehydratation, die die Heilung beeinträchtigen. Optimale Ernährung anstreben Mangelernährung (Malnutrition) zählt zu den häu- figsten Komorbiditäten des älteren Menschen. Ihre störenden Auswirkungen auf die Wundhei- lung sind heute gut evaluiert. Deshalb gehört zur Eintrittsuntersuchung immer auch die Überprü- fung des Ernährungsstatus. Ein Nutrogramm hilft bei der Aufdeckung von Defiziten und der Opti- mierung der individuellen Ernährungstherapie. Tipps zur Dekubitusbehandlung Leider sind die Fälle nicht so selten, in denen Druckgeschwüre nach veralteten und teils sogar gefährlichen Methoden behandelt werden. Dem- entsprechend frustrierend ist die ganze Sache dann für Pflegekräfte und erst recht natürlich für den Betroffenen, der schmerzgeplagt von Tag zu Tag mehr verfallen kann. Deshalb sind hier einige Tipps zusammengefasst, die ein professionelles Handeln erleichtern sollen. Bei der Reinigung nicht die Geduld verlieren Typisch für alle Dekubitalulzera sind ausgeprägte schmierige Beläge und Nekrosen, die durch die körpereigenen Reinigungsmechanismen nicht mehr abgebaut werden können. Es drohen wei- [1] Trochanter-Dekubitus mit Lokalinfektion und deutlich sichtbarer Rötung und Ödem (glänzende Haut). [2] Sakraler Dekubitus mit multiplen Fistelgängen; Fistelgänge weisen immer auf eine Osteomyelitis hin. [3] Lokalinfektion mit Candida albicans (Soor); typische Rötung am Ulkusrand. [4] Weißliche, hyperkeratotische Veränderungen (beginnende Schwielenbildung) sind ein typisches Zeichen für ungenügende Druckentlastung bei zu harter Matratze. 1 2 4 3 11 HARTMANN PFLEGE DIENST 1/2021 WISSEN

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