PflegeDienst 1/2020

erreicht wird oder die Kleidung nicht schnell genug geöffnet werden kann. Vom Betroffenen als „peinlich“ empfundene Inkon- tinenzereignisse sind die Folge, die für weitere Unsicherheiten sorgen. Nachlassende Stabilität und Mobilitätsverlust erschweren aber auch die Durchführung eines Toilettentrainings zur Kontinenz- förderung. Die Schaffung eines kontinenzfördernden Umfeldes sollte deshalb immer Hand in Hand gehen mit einer den Bedürf- nissen des Betroffenen angepass- ten Förderung der Mobilität. Mit Training gegen körperliche Unsicherheit Experten sind sich einig: Regel- mäßige Bewegung, einfache Balanceübungen und (wenn es noch möglich ist) ein wenig Kraft- training geben dem sturzgefähr- deten alten Menschen Sicherheit bei seiner alltäglichen Lokomotion zurück. Denn der Vorgang des Gehens, der in jüngeren Jahren automatisch abläuft, wird im Alter zunehmend zu einer Leistung, die Konzentration erfordert. So empfehlen sich Übungen, die das motorische Gedächtnis fördern und Bewegungsabläufe wieder mehr automatisieren. Die Übun- gen können einfach sein und soll- ten aus der Alltagsbewegung her- auskommen, wie beispielsweise Zähneputzen im Einbeinstand als tägliche Balanceübung oder – falls noch möglich – Treppensteigen statt Liftfahren als bewusste, kurze Kraftanstrengung der Wir- belsäulen- und Beinmuskulatur. Eine Beratung durch einen Physio- therapeuten, der einen solchen einfachen „Übungsplan“ nach den individuellen körperlichen und geistigen Gegebenheiten beim sturzgefährdeten Menschen aufstellen kann, wäre sehr zu empfehlen. Mangelernährung vermeiden Der Zusammenhang zwischen Stürzen und mangelnder Muskel- kraft ist unumstritten. Für den Prozent dieser Stürze haben Ver- letzungsfolgen, die zumeist einer unfallchirurgischen Behandlung bedürfen. Die häufigste unter den schweren Sturzfolgen ist die hüftnahe Oberschenkelfraktur, die trotz der heute möglichen opti- malen unfallchirurgischen Versor- gung eine Kette schwerwiegender Probleme hinterlässt: Sie vermin- dert die Mobilität, führt sehr oft in die Pflegebedürftigkeit und erhöht die Mortalität. Prüfung der Muskelkraft: mit Stuhl-Aufsteh-Test 7 Freies Aufstehen von normaler Sitzhöhe ohne Hilfe der Arme (bei sehr großen und kleinen Personen adaptierte Sitzhöhe) 7 Komplettes Aufrichten 7 Wieder hinsetzen. Dieser Be- wegungsablauf wird 5-mal zü- gig hintereinander wiederholt, wofür normal 10 Sekunden benötigt werden Untersuchung von Muskelkraft und Koordination: Aufsteh- & Gehtest 7 Aufstehen (auch mithilfe der Arme) 7 Gehen zu einer Markierung 3 m entfernt 7 kurzes Wenden, zurück zum Stuhl und sich Setzen, Zeitlimit bei Gesunden 10 Sek. Prüfung der (Seiten-)Balance: 1) Einbein-Stand für 10 Se- kunden links,10 Sekunden rechts. Ein erhöhtes Sturzrisiko besteht, wenn 10 Sekunden nicht geschafft werden 2) Tandem-Stand für 10 Sekunden 3) Tandem-Gang 8 Schritte 3 m 1 2 3 Förderung der Mobilität = Förderung der Kontinenz Harninkontinenz im Alter weist viele Mischformen auf und hat dementsprechend viele unter- schiedliche Ursachen. Für einige sind die geriatrischen I‘s der Insta- bilität und Immobilität auslösende Faktoren. Gangunsicherheit, die stetig zunimmt, und ein allmäh- licher Verlust der Beweglichkeit führen dazu, dass beispielsweise die Toilette nicht mehr rechtzeitig Tests zur Beurteilung der Stabilität 6 HARTMANN PflegeDienst 1/2020 Schwerpunkt

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