WundForum 2/2020

Energy Malnutrition (PEM). Andererseits sorgen pathologische Mechanismen in der chronischen Wunde wie etwa Fibrinthromben, entzündliche Ödeme, Vasokonstriktion usw. für das Fortbeste- hen der lokalen Ischämie. Erkrankungen der Atemwege: Krankhafte Prozesse der oberen Atemwege wie chroni- sche Rhinitis, Nasenpolypen, Septumdeviation, chronische Sinusitis und andere erschweren die Sauerstoffzufuhr. Ebenso verengen Krankheiten der Lunge wie chronische Bronchitis, Asthma, allergische Bronchitis, chronische Pneumonie und andere Lungenkrankheiten die Bronchien und stören so die Sauerstoffaufnahme. Herzkrankheiten mit konsekutiver Herzinsuf- fizienz erschweren in den Lungenalveolen den Gasaustausch und vermindern so die Sauerstoff- aufnahme in den Kreislauf. Ferner führt eine Herzinsuffizienz zur Verschlechterung der peri- pheren Gewebedurchblutung. Suboptimale Kreislaufverhältnisse: Ein tiefer Blutdruck, z. B. bei einem kardial bedingten oder hypovolämischen Schock nach Blutung oder bei einer typisch altersbedingten Dehydration, wirkt sich negativ auf die Wundheilung aus. Opti- male Kreislaufverhältnisse hingegen fördern die Heilungstendenz. Verminderter kapillarer Blutfluss: Angekommen im Endstromgebiet der Blutversorgung tritt der Sauerstoff aus den Kapillaren aus. Allerdings erschweren oder verhindern Arteriosklerose, Atheromatose, Angiopathien und Mucopolysac- charideinlagerungen bei diabetischer Mikroan- giopathie diesen Übertritt durch die Gefäßwände ins Interstitium. Okklusionsbedingte Ischämie: Bei der periphe- ren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) engen atheromatöse Ablagerungen das Gefäßvolumen ein und führen zu einer okklusiven Ischämie. Ödembedingte Ischämie: Nach Austritt aus der Kapillare ins Interstitium, den mit Wasser gefüll- ten Raum zwischen den Gewebszellen, muss der Sauerstoff mittels Diffusion die Zelle erreichen. Die Diffusion ist dabei ein grundsätzlich langsa- mer Prozess, der sich durch Ödeme im Gewebe weiter verlangsamt, wodurch die Sauerstoffver- sorgung erheblich beeinträchtig wird. Als Proto- typ einer gestörten Wundheilung durch Gewebs- ödeme gilt das Ulcus cruris venosum.  [2] Druckinduzierte Ischämie: Hier gilt ein Deku- bitus als Prototyp. Werden gesunde Gefäße der Haut durch einen externen Druck, zum Beispiel durch den Auflagedruck einer harten Matratze, komprimiert, sinkt die transkutane Sauerstoff- spannung schnell auf null. [3] So entsteht nach einer Druckeinwirkungszeit von zwei bis vier Stunden ein Dekubitus Kategorie I oder höher. Störfaktor Malnutrition Mangelernährung oder auch Malnutrition zählt zu den häufigsten Komorbiditäten des älteren Menschen. Sie verursacht nicht nur eine lange Reihe von Sekundärkomplikationen, die die Lebensqualität stark vermindern, sondern gilt auch als ein wichtiger Störfaktor der Wund- heilung. Die Auswirkungen einer Malnutrition sind insbesondere im Zusammenhang mit einem Dekubitus gut evaluiert, wobei Malnutrition heute als schwerwiegender sekundärer Risikofak- tor für die Dekubitusentstehung gilt. Malnutrition bedeutet eine Unterversorgung mit einer oder mehreren der definierten bio- chemischen Ernährungsgruppen: Kohlenhydrate, Proteine, essenzielle Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Ergibt sich ein Nährstoffdefizit, weil insgesamt zu wenig gegessen wird, spricht man von einer quantitativen Mangelernährung oder auch Unterernährung. Diese ist zumeist mit einer deutlichen Gewichtsabnahme verbunden und deshalb in der Regel schnell zu erkennen. Bei einem Body Mass Index (BMI) von weniger als 18,5 wird von einer Unterernährung ausge- gangen, die diagnostisch abzuklären ist. Schwie- Im Bereich der Kapillaren – der sog. Endstrombahn – vollzieht sich die eigentliche Aufgabe des Blutkreis- laufes, nämlich der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid, Flüssig- keiten und Nährstoffen. Dazu treten die im Blut transportierten Stoffe zur Ernährung wie Sauerstoff, Eiweiße, Aminosäuren, Hormone, Vitamine usw. nach entsprechenden physikali- schen Gesetzen (Diffusion / Osmose) aus dem arteriellen Schenkel einer Kapillare in die Gewebsflüssigkeit des Zwischenzellraums, des Inter- stitiums, und von dort zur Zelle über. Die Endprodukte des Stoffwechsels gehen den umgekehrten Weg und werden durch den venösen Schenkel einer Kapillare reabsorbiert. Damit der Stoffwechsel funktionieren kann, sind in der Endstrombahn bestimmte Druckdifferenzen zwischen dem arteriellen und dem venösen System erforderlich, wobei auch das Lymph- system am Gesamtgeschehen betei- ligt ist. Werden diese Prozesse durch Ödeme in ihrem Gleichgewicht und Zusammenspiel gestört, kann es zu folgenschweren Beeinträchtigungen des Stoffaustausches kommen. arterieller Bereich 15 % des Gesamtblutvolumens 85 % des Gesamtblutvolumens Kapillarbett venöser Bereich Stoffaustausch in der „Endstrombahn“ Literatur 1 Sedlarik et al., 1993 2 Haselbach et al., 1986 3 Seiler et al., 1986 Wissen 11 HARTMANN WundForum 2/2020

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