WundForum 1/2020

Vertrauensbasis schaffen Sicherheit gewinnen Schmerzen & Wundheilungsstörungen vermeiden Wenn chronische Wunden für den Patienten zur Qual werden, sind es vor allem – oftmals ständige – Wundschmerzen, die stark belas- ten. Besonders aber fürchten Wundpatienten Schmerzspitzen, wie sie bei unsachgemäßer Wundversorgung und beim Verbandwechsel entstehen können. Die Qualität einer Wundversorgung kann deshalb auch daran gemessen werden, wie gut es gelingt, Schmerzen und Ängste beim Verbandwechsel zu vermeiden. Die Maßnah- men, die eine einfühlsame und sachgerechte Wundversorgung sicherstellen, sind nicht aufwendig, erfordern aber ein gewisses Maß an Empathie für den Betroffenen sowie nicht zuletzt eine gute Planung und Sicherheit bei der Durchführung. Die Behandlung chronischer Wunden zieht sich in der Regel über Wochen, wenn nicht gar über Monate hin. Ohne kooperatives Ver- halten und Mitarbeit des Patienten, was auch als „Adhärenz“ bezeichnet wird, kann eine so lange Behandlungszeit nicht erfolgreich gestaltet werden. Deshalb gilt es im allerersten Schritt für den Arzt und die Pflegefachkraft – an die die Wundversorgung üblicherweise vom Arzt delegiert wird –, Vertrauen aufzubauen, den Patienten zur Mitarbeit zu motivieren und ihm über schwierige Situationen hinwegzu- helfen, die im Laufe der Behandlungszeit mit Sicherheit auftreten werden. Die wichtigste Maßnahme dazu sind aufklärende, motivie- rende und einfühlsame Gespräche. Falls der Wundpatient kognitive Probleme hat, sind möglichst Angehörige / Betreuer in die Bemü- hungen einzubeziehen. Falls der Wundpatient dazu in der Lage ist, befragen Sie ihn zu Beobachtungen und Empfindungen zur Wunde und zum Heilungs- verlauf. Weisen Sie ihn darauf hin, jede Ver- änderung wie beispielsweise sich verstärkende Schmerzen, Gerüche oder Taubheitsgefühle sofort an Sie weiterzugeben. Chronische Wunden sind häufig (sehr) schmerzhaft. Achten Sie auf verbale und non- verbale Zeichen (Mimik, Laute) des Patienten von Schmerz und Missempfinden während des gesamten Verbandwechsels. Mimik und Laute des Missempfindens können vor allem bei Demenzkranken Aufschluss über die Schmerz- haftigkeit der Wunde geben. Vermeiden Sie bei der Kommentierung der Wunde negative Aussagen wie „Das sieht ja nicht gut aus“ oder „Das riecht ja furchtbar“, weil dies den Wundpatienten zusätzlich ver- unsichern und sogar verletzen kann. Motivie- render ist, selbst kleinste Fortschritte wie z. B. beginnende Epithelisierung zu kommentieren. Äußert sich der Wundpatient über starke Schmerzen oder sind beim Verbandwechsel starke Schmerzen zu erwarten, zum Beispiel bei einem Débridement, sind etwa eine halbe Stunde vor dem Verbandwechsel schmerzstil- lende Mittel zu verabreichen. Diese Zeitspanne ist insbesondere in der ambulanten Pflege in die Organisation einzuplanen. Der Wundverband einschließlich einer gut sitzenden Fixierung hat neben der therapeu- tischen immer auch eine psychologische Wir- kung. Denn die Handlung der Wundversorgung und des Verbandwechsels ist für den Wundpa- tienten nachvollziehbar und vermittelt ihm das Gefühl, gut behandelt und versorgt zu sein. Erklären Sie dem Patienten mit einfachen und verständlichen Worten, wie die Wund- behandlung aussehen wird und warum sie in der bestimmten Art und Weise auszuführen ist, damit die Behandlung erfolgreich wird. Ein sehr wirksames Mittel, Schmerzen beim Verbandwechsel stark zu reduzieren, wenn nicht gar gänzlich auszuschalten, ist die Ver- wendung atraumatischer Wundauflagen. Diese verkleben nicht mit der Wunde und lassen sich deshalb leicht entfernen, ohne dass Gewebe mitabgerissen wird. 16 HARTMANN WundForum 1/2020 Praxis

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