PflegeDienst 3/2020

Veränderungen des Immunstatus im Alter Der Säureschutzmantel der Haut hat die Aufgabe, durch seinen sauren pH-Wert die Ansiedelung von Mikroorganismen wie Viren, Bakterien und Pilzen zu erschweren. Weil im Alter die Schweiß- und Talgproduktion rückläufig ist, kommt es zu Funk- tionseinbußen beim Säureschutzmantel, die Altershaut wird für Ekzeme und Infektionen anfälliger. Im Harntrakt ist es vor allem die Funktion der „Selbstreini- gung“, die Infektionen vorbeugt, nämlich das „Auswaschen von Bakterien“ aus dem unteren Harntrakt durch einen kräfti- gen Harnstrahl. In der Regel ist die Austreibungskraft der Harn- blase ist im Alter vermindert und die Selbstreinigungsfunktion gestört. Restharnbildung begünstigt weitere Infektionen. Im Urogenitalbereich der Frau ergibt sich durch die Abnahme der Östrogenproduktion eine Veränderung in der physiologischen Keimbesiedelung, weil das Wachstum der Döderlein-Bakterien reduziert ist. Diese unterdrücken normaler- weise die Besiedelung der Schleimhäute mit anderen Keimen z. B. aus dem Darm und schützen so vor Infektionen. Der von der Magenschleimhaut abgesonderte Magensaft ent- hält auch Salzsäure, von der die mit der Nahrung aufgenom- menen Bakterien abgetötet werden. Verschiebt sich nun im Alter der pH-Wert im Magensaft vom sauren in den alkalischen Bereich, wird eine weitere natürliche Barriere gegen eindrin- gende Mikroorganismen abgeschwächt. Ein wichtiger Abwehrmechanismus ist der Hustenreflex , durch den die Atemwege von Schleim, Fremdkörpern und anderen Reizstoffen befreit werden. Die Altersveränderungen setzen aber die Erregbarkeit des Hustenreflexes herab, was die Reinigungsarbeit des Flimmerepithels mindert, die Anfälligkeit für Erkältungen und Lungenentzündungen ist erhöht. Auf der Ebene der unspezifischen bzw. spezifischen Abwehr sind im Hinblick auf Altersveränderungen noch viele Fragen ungeklärt, es ist aber auch hier mit verschiedenen Funktionsein- bußen zu rechnen. Beispielsweise vermindern sich bestimmte T-Zellen im Alter, wie auch ein Nachlassen der Gammaglobulin- menge etwa ab dem 60. Lebensjahr zu beobachten ist. gen werden und eine Sepsis auslösen. Eine Infektion, die zur Sepsis führt, kann man sich jederzeit im Alltagsgeschehen einhandeln. Wird sie von Patienten im Kran- kenhaus beispielsweise durch Diagnostik- und Therapiemaßnah- men erworben, spricht man von einer „nosokomialen Infektion“. Im Zusammenhang mit dem Infektionsgeschehen ist auch der Begriff „Kontamination“ zu klären. Kontamination bezeich- net die Verunreinigung bzw. die bloße Besiedelung von Personen, Gegenständen, Räumen, Was- ser usw. mit Mikroorganismen. So sind Wunden beispielsweise immer bakteriell kontaminiert, aber damit nicht zwangsläufig infiziert. Zu einer Infektion kommt es erst, wenn die Bakterien tiefer in die Wunde und das umge- bende Gewebe eindringen, sich dort vermehren und durch ihre Bakteriengifte (Toxine) Entzün- dungsreaktionen hervorrufen. Häufige Infektionen im Alter Die häufigsten Infektionen bei älteren Patienten sind Harn- wegsinfekte, gefolgt von respi- ratorischen Infekten und Haut-, Weichteil- und Wundinfektionen. Die häufigsten lebensbedroh- lichen Infekte sind Pneumonien, während Harnwegsinfektionen einschließlich der Urosepsis im Durchschnitt bessere Prognosen aufweisen. Die Letalität fast aller Infektionen ist im Alter erhöht. 2 Atypische Infektionsverläufe Je frühzeitiger eine Infektion erkannt wird, umso besser ist die Prognose, weil Therapien recht- zeitig begonnen werden können. Im Alter verlaufen Infektionen jedoch oft atypisch, dies bedeu- tet, die Infektion äußert sich in einer unspezifischen Funktions- störung. Beispielsweise manifes- tiert sich ein Harnwegsinfekt als Inkontinenz oder eine Pneumonie als Verwirrtheit. Deshalb muss bei alten Patienten bei einem unge- klärten raschen Funktionsverlust – motorisch oder kognitiv – an die Möglichkeit gedacht werden, dass sich dahinter eine Infektion verbirgt. Außerdem verlaufen Infektionen im Alter nicht selten „stumm“: Die Infektion bleibt lange asympto- matisch bzw. symptomarm, wird deshalb zu spät diagnostiziert und verläuft als Folge schwer und komplikationsreich. 3 Die Diagnose einer Infektion im Alter wird weiter erschwert, weil Fieber im Alter seltener auftritt bzw. ältere Patienten eine weniger ausgeprägte Temperaturerhöhung entwickeln als junge Erwachsene. Selbst bei der Sepsis kann Fieber fehlen. 2/3 Wissen 10 HARTMANN PflegeDienst 3/2020

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