Zur Entleerung der Harnblase ist ein komplizierter Regelmechanismus erforderlich, der das Zusammenspiel der Harnblase, eines Schließmuskelsystems am Harnröhrenausgang und des Nervensystems steuert. Ist das Zusammenspiel an einer oder sogar mehreren Stellen gestört, kommt es zur Inkontinenz.
Der untere Harntrakt – Blase, Harnröhre und Verschlusssystem – hat zwei Aufgaben zu erfüllen: die Urinspeicherung und die kontrollierte Urinentleerung (Miktion). Hierfür ist neben einer intakten Blasen- und Schließmuskulatur eine funktionierende Nervenversorgung erforderlich.
Was bei der Blasenentleerung geschieht
Die zunehmende Blasenfüllung löst dann verstärkt Nervenimpulse der Blase aus. Diese gelangen über die Nervenbahnen im Rückenmark zum sogenannten Miktionszentrum im Hirnstamm und von dort zu höheren Hirnzentren. Sobald diese Nervenimpulse eine bestimmte Stärke erreicht haben, werden sie von uns als Harndrang wahrgenommen – beim gesunden Menschen meist mit Erreichen des Fassungsvermögens der Harnblase von etwa 300 bis 500 ml.
Sind Ort und Zeit günstig, können wir die Blasenentleerung jetzt bewusst mit unserem Willen einleiten. Durch die entsprechenden „Befehle“, die jetzt in umgekehrter Reihenfolge wieder über das Rückenmark zur Blase gelangen, zieht sich die Blasenmuskulatur zusammen – sie kontrahiert – und treibt den Urin aus.
Mit der Kontraktion öffnet sich der innere Schließmuskel. Gleichzeitig erschlafft die Beckenbodenmuskulatur, wodurch sich auch der äußere Schließmuskel öffnet. Urin geht ab.
Beim gesunden Menschen kann die Blase in der Regel vollständig, bis auf eine normale Restmenge von max. 30 ml entleert werden. Die Kontrolle über das Miktionszentrum versetzt uns aber auch in die Lage, den Harndrang zu unterdrücken oder eine Blasenentleerung auch ohne Harndrang einzuleiten.
Ursachen für Störungen der Blasenentleerung
Die vereinfachte Darstellung der Blasenentleerung lässt erahnen, wie störanfällig der Vorgang sein kann. Es sind vor allem vier Konstellationen, die unkontrollierten Harnabgang zur Folge haben können.
- Das Schließmuskelsystem hat nicht mehr genügend Verschlusskraft.
- Die Blasenmuskulatur kontrahiert zu viel oder gar nicht mehr.
- Ein Abflusshindernis in oder außerhalb der Harnröhre behindert die Entleerung.
- Die Übermittlung der Nervenimpulse zwischen Blase, Rückenmark und Gehirn ist ganz gestört oder teilweise beeinträchtigt.
All diese Funktionsstörungen werden wiederum durch die unterschiedlichsten Ursachen ausgelöst. Schuld sein können beispielsweise Harnwegsinfektionen, Beckenbodenschwäche, Prostatavergrößerungen, degenerative Veränderungen im Gehirn, Stoffwechselerkrankungen, Rückenmarksverletzungen oder Auswirkungen von Medikamenten.
Die einzelnen Funktionsstörungen sind auch die Grundlage für die Einteilung der Harninkontinenz in verschiedene Formen. Die Form der Inkontinenz zu erkennen (zu diagnostizieren) ist deshalb so wichtig, weil dem Betroffenen nur dann wirkungsvoll geholfen werden kann, wenn die Ursache seines Leidens bekannt ist.
Häufigste Formen der Harninkontinenz
Die Situationen, die zu diesem plötzlichen Druckanstieg führen, sind – auch jüngeren Frauen – nur allzu gut bekannt: Niesen, Husten, Lachen oder heftige körperliche Bewegungen. Ursache für die Schließmuskelschwäche ist in den meisten Fällen eine Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur, ausgelöst beispielsweise durch vaginale Geburten, Hormonmangel in den Wechseljahren oder allgemeinen Muskelschwund im Alter.
In leichteren Fällen bestehen anfangs nur die Symptome einer „Reizblase“ mit dem lästigen Zwang zum häufigen Wasserlassen. Der Urin kann jedoch noch gehalten werden. Nehmen die Beschwerden zu, entsteht starker Harndrang, der mit dem Willen nicht mehr zu beherrschen ist und zur Inkontinenz führt. Dabei kann sich die Blase ganz oder teilweise sturzbachartig entleeren, was für den Betroffenen ein besonders schlimmes Erlebnis ist.
Mögliche Ursachen für die Mischinkontinenz im Alter
- Praktische Umstände: Hier sind es vor allem Umstände, die dem Erhalt der Kontinenz bzw. einer wirksamen pflegerischen Betreuung im Wege stehen: ungünstig gelegene Toiletten, beschwerliche Zugänge, keine behindertengerechte Toilettenausstattung oder schwer und nicht schnell genug zu öffnende Kleidung.
- Psyche und soziales Umfeld: Neben körperlichen Ursachen kann Inkontinenz ihre Ursachen in Angst, Schmerz, Einsamkeit oder Sinn- und Lebenskrisen haben. Manchmal stellt sie auch eine Art „Daseinstechnik“, mit der unbewusst nach Zuwendung und Beachtung gesucht wird. Inkontinenz ist trotz aller Aufklärungsbemühungen immer noch ein Tabuthema. Nicht selten führt dies zum sozialen Rückzug des Betroffenen und zu verschiedensten Beziehungsstörungen sowohl mit Angehörigen als auch Pflegekräften. Die Folge ist dann häufig eine Verstärkung der Inkontinenz.