WUNDFORUM 2/2022

Infektabwehr definiert. Die chirurgische Wundinfektion (surgical site infection) wird laut der Definition der Centers for Disease Control and Prevention in drei Gruppen eingeteilt: oberflächlich, tief und organbezogen. Im Allgemeinen gilt eine Zahl von 105 Keimen pro Gramm Gewebe als therapiebedürftige Infektion, wobei die Virulenz der Erreger eine wichtige Rolle spielt und die Therapieentscheidung meist anhand des klinischen Bildes getroffen wird. Die lokale Entzündungsreaktion ist durch die klassischen Zeichen Rubor (Rötung), Calor (Wärme), Tumor (Schwellung), Dolor (Schmerz) und Functio laesa (gestörte Funktion eines Gewebes bzw. eines Körperteils oder Organs) gekennzeichnet. Weiterhin sind eine Geruchsbildung oder vermehrte Exsudation möglich. Erhöhte Körpertemperatur, Fieber, ein Anstieg der laborchemischen Entzündungsparameter sowie positive Blutkulturen deuten auf eine systemische Ausbreitung der Infektion hin. Das Keimspektrum richtet sich hauptsächlich nach Lokalisation und Alter der Wunde. An Extremitäten, Thorax und im Gesichts- und Halsbereich finden sich meist Staphylokokken, während am Abdomen häufiger Mischinfektionen mit Enterobakterien auftreten. Mit zunehmendem Wundalter tritt ein Wechsel der Flora von Staphylokokken zu Enterobakterien und gramnegativen Erregern auf. Chronische Heilungsverläufe Chronische Heilungsverläufe sind für Patienten und Behandelnde eine besonders belastende Form einer gestörten Wundheilung. Dabei ist die Prävalenz chronischer Wunden hoch. Nach Angaben des DNQP leiden in der Bundesrepublik Deutschland schätzungsweise drei bis vier Millionen Menschen an chronischen Wunden. Betroffen sind davon vor allem ältere Menschen, weshalb chronische Wunden insbesondere in der geriatrischen Medizin und Pflege zunehmend zu einer großen Herausforderung werden, die zudem enorme finanzielle Ressourcen bindet. Die chronische Wunde ist dem Wesen nach eine sekundär heilende Wunde, die durch Gewebeaufbau geschlossen werden muss. Benötigt dieser Vorgang trotz adäquater kausaler und lokaler Behandlung mehr als acht bis zwölf Wochen Zeit und bleibt der Zustand der Wunde unverändert oder verschlimmert sich, spricht man von einer chronischen Wunde. Der Übergang von einer akuten Wunde zur chronischen Wunde kann dabei in jeder Wundheilungsphase erfolgen. Mehrheitlich entwickeln sich Wunden jedoch aus fortschreitenden Gewebezerstörungen infolge von Gefäßerkrankungen unterschiedlichster Genese, wie venös oder arteriell bedingten Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus, lokalen Druckschädigungen oder Strahlenschäden sowie immunologischer oder maligner Erkrankungen. Obwohl das Erscheinungsbild chronischer Ulzerationen sehr heterogen erscheint, sind die pathophysiologischen Mechanismen, die zur Chronizität führen, ähnlich. Alle zugrunde liegenden Gefäßschädigungen, auch wenn sie unterschiedlicher Genese sind, münden letztlich in Ernährungsstörungen des Hautbindegewebes mit unterschiedlichsten therapeutischen Maßnahmen: chirurgische Eingriffe zur Versorgung akuter Traumen ebenso wie komplexe Kausaltherapien zur Beeinflussung chronischer Wundverhältnisse oder eine sachgerechte Verbandbehandlung. Ein gutes Wundmanagement berührt viele medizinische Disziplinen, und nicht selten sind Erfolge bei der Wundbehandlung nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich. Wundinfektion Die Wundinfektion als die schwerste Wundheilungsstörung hat insbesondere durch das vermehrte Auftreten antibiotikaresistenter Bakterien eine neue Brisanz gewonnen, auf die auch der Gesetzgeber reagiert hat. Mit den diversen Änderungen und Aktualisierungen des Infektionsschutzgesetzes soll u. a. durch eine bessere Einhaltung der Hygieneregeln, eine sachgerechte Verordnung von Antibiotika sowie die Berücksichtigung von sektorenübergreifenden Präventionsansätzen eine Senkung der hohen Zahl an nosokomialen Infektionen erreicht werden. Wundinfektionen werden als Versagen der humoralen und zellulären 5 7 6 8 Aerobe Haut- und Weichteilinfektionen [5] Erysipel am Unterschenkel, mit typisch scharfer Abgrenzung zu gesunden Hautarealen [6] Fortgeschrittenes, bereits nekrotisierendes Erysipel, ebenfalls am Unterschenkel [7] Abszess als Folge einer primären Infektion durch Staphylokokken [8] Gasbrand mit schwarzen Weichteilnekrosen, typisch ist auch ein Knistern bei Betasten WISSEN 14 HARTMANN WUNDFORUM 2/2022

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