PflegeDienst 2/2020

Ursachen gleichzeitig, sodass sich daraus Mischformen entwickeln. Im Wesentlichen können drei große Ursachenbereiche genannt werden, die das Risiko, im Alter inkontinent zu werden, erheblich ansteigen lassen. Ursachenbereich natürliche Altersveränderungen 7 reduzierte Nierenleistung, 7 veränderter Rhythmus der Urinproduktion, besonders bei dementen Menschen, 7 reduziertes Fassungsvermögen der Harnblase, 7 beeinträchtigte Fähigkeit zur vollständigen Blasenentleerung, 7 geschlechtsspezifische Verän- derungen wie Prostatawachs- tum bei Männern und Östro- genmangel bei Frauen. Ursachenbereich (Alters-)Krankheiten 7 Indirekte Auswirkungen von Krankheiten und altersbeding- ten Defiziten, die die körper- liche Mobilität und die kogni- tiven Fähigkeiten eines Men- schen beeinträchtigen, z. B. Polyarthritis, Arthrose, Nach- lassen der Sehkraft, aber auch demenzielle Erkrankungen. 7 Direkte Krankheiten, die das Nervensystem und Gehirn betreffen, z. B. Diabetes mel- litus, Parkinson, Multiple Skle- rose, Schlaganfall, Demenzen. 7 Auswirkungen von Medika- menten: Multimorbidität erfor- dert zur Behandlung mehrere Medikamente. Dabei können die Auswirkungen eines einzel- nen Medikamentes, aber auch die sich überschneidenden Wir- kungen verschiedener Medika- mente Inkontinenz verstärken bzw. Inkontinenz sogar ursäch- lich auslösen. 7 Auswirkungen der Psyche: Neben körperlichen Ursachen kann Inkontinenz ihre Ursachen auch in Angst, Schmerz, Ein- samkeit oder Sinn- und Lebens- krisen haben. Ursachenbereich Umweltbedingungen 7 Praktische Umstände: Hier sind es vor allem Umstände, die dem Erhalt der Kontinenz bzw. einer wirksamen pflegerischen Betreuung im Wege stehen: z. B. ungünstig gelegene Toi- letten, beschwerliche Zugänge, keine behindertengerechte Toi- lettenausstattung oder schwer und nicht schnell genug zu öffnende Kleidung. 7 Soziales Umfeld: Trotz aller Aufklärungsbemühungen ist Harninkontinenz immer noch ein Tabuthema. Nicht selten führt dies zum sozialen Rück- zug des Betroffenen und zu verschiedenen Beziehungsstö- rungen sowohl mit Angehöri- gen als auch Pflegekräften. Folgen der Harninkontinenz im Alter Harninkontinenz spiegelt aber nicht nur die diversen Auswir- kungen mehrerer Grunderkran- kungen wider, sondern kann selbst – vor allem in Verbindung mit anderen geriatrischen I s wie I nstabilität, I mmobilität und I ntellektueller Abbau – zum Risikofaktor werden. Beispiels- weise kommt es nicht selten zu regressivem Verhalten und zum Verlust von Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Inkontinenz ist auch ein Risiko- faktor für Stürze, oft ausgelöst durch die Eile beim Aufsuchen der Toilette oder riskante Toiletten- gänge bei Nacht (Sturz aus dem Bett). Die Sturzfolgen, z. B. eine Oberschenkelfraktur, hinterlassen dann auch bei guter unfallchir- Stuhlinkontinenz – ein besonderes Tabuthema Stuhlinkontinenz bedeutet den unwillkür- lichen Abgang von Winden, flüssigem und  / oder festem Stuhl, der ein soziales oder hygienisches Problem darstellt (Norton et al., 2001). Die Zahl der Betroffenen in Deutschland wird auf circa 1,5 Millionen Menschen geschätzt, wobei die Dunkel- ziffer durch die starke Tabuisierung des Problems sehr hoch sein dürfte. Wie bei der Harninkontinenz nimmt auch die Häufig- keit der Stuhlinkontinenz mit dem Alter zu, sodass bei geriatrischen Patienten mit bis zu 30 % Stuhlinkontinenz zu rechnen ist. Ursachen Die Ursachen der Stuhlinkontinenz lassen sich nach Herold (2001) einteilen in: Veränderte Stuhlkonsistenz: chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Diarrhoe, Rektumtumoren, Malabsorption Gestörte Kapazität: verändertes Rektum- reservoir (z. B. durch Operation), Kollageno- sen (Bindegewebserkrankungen), Rektum- tumoren, externe Rektumkompression Störungen des Sphinkters (Schließ- muskel): Sphinkterdefekt (Geburtstrauma, anorektale Chirurgie, Pfählungsverletzung), Sphinkterdegeneration, Tumor (infiltrieren- des Rektumkarzinom, Analkarzinom), lokale Entzündungen (Morbus Crohn) Gestörte Sensibilität: Neurologische Ursachen (Demenz, Neuropathie, Trauma, Tumor), Überlaufinkontinenz (Koprostase [Stauung von Kot im Dickdarm, kann zur Bildung von Kotsteinen führen], Enkopresis [Einkoten bei Kindern älter als 4 Jahre], Medikamente) Kombinationen: z. B. Alter + Multipara (Frau, die mehr als ein Kind geboren hat) + Deszensus + Diabetes mellitus Schweregrade 7 Grad I: gelegentliches Stuhlschmieren / Abgang von Darmgasen 7 Grad II: Unfähigkeit, flüssigen Stuhl willentlich zurückzuhalten 7 Grad III: Unfähigkeit, festen Stuhl willentlich zurückzuhalten Wissen 10 HARTMANN PflegeDienst 2/2020

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