DESINFACTS | Ausgabe 1/2023

WISSEN 6 Probiotische Reiniger zur Flächendesinfektion Gleiches mit Gleichem bekämpfen Relativ neu im Hinblick auf die Flächenreinigung sind hingegen sogenannte probiotische Reiniger. Diese enthalten meist Sporen von nicht-pathogenen Bakterien der Gattungen Lactobacillus (Milchsäurebakterien) oder Bacillus [2, 3]. Doch wie funktionieren diese Reiniger und welchen Nutzen haben sie? „Gute“ Bakterien verdrängen „schlechte“ Bakterien Die Wirkweise von probiotischen Reinigern basiert auf dem sogenannten Konkurrenzausschlussprinzip. Auf der Oberfläche ausgebracht, entwickeln sich aus den im Reiniger enthaltenen Sporen die „guten“ Bakterien. Diese verdrängen nun pathogene Erreger wie Staphylococcus aureus, indem sie die auf verschmutzten Oberflächen vorhandenen Nährstoffe aufbrauchen oder, beispielsweise durch pH-Wert-Senkung, direkt deren Wachstum hemmen [2, 3]. Eine Wirksamkeit gegen Viren ist allerdings nicht gegeben, da diese keinen eigenen Stoffwechsel haben und somit auf Oberflächen keine Nährstoffe benötigen, um infektiös zu bleiben. Viele probiotische Reiniger enthalten zusätzlich Detergenzien, um gleichzeitig die Reinigung der Oberfläche zu gewährleisten [4]. Da die Bakterien bzw. Sporen auf der behandelten Oberfläche verbleiben und der erneuten Besiedelung durch unerwünschte Keime vorbeugen können, wird zudem oftmals eine potenzielle Langzeitwirkung postuliert [2]. Ein weiterer Pluspunkt: Da außer den Detergenzien oftmals keine chemischen antimikrobiellen Substanzen enthalten sind, zeichnen sich probiotische Reiniger durch eine hohe Verträglichkeit aus – sowohl für den Menschen als auch für das Material. Um nosokomiale Infektionen durch kontaminierte Oberflächen in Gesundheitseinrichtungen zu verhindern, kommt der Flächenhygiene neben der Händehygiene inzwischen eine zentrale Bedeutung zu. Da jede Oberfläche ein individuelles Risiko trägt und dementsprechend bewertet werden muss, sind geeignete Flächen-Desinfektionsmittel sorgfältig auszuwählen [1]. Dabei stehen Desinfektionsmittel mit verschiedenen, gut etablierten, aktiven Wirkstoffen zur Wahl – z. B. Alkoholen, quartären Ammoniumverbindungen oder Sauerstoffabspaltern. Gleich viele pathogene Bakterien, weniger Antibiotikaresistenz-vermittelnde Gene Auch wenn das Konzept der probiotischen Flächenreinigung noch jung ist, gibt es mittlerweile einige Studien, die probiotische Reiniger untersucht haben. Deren Wirksamkeit zur Pathogenreduktion konnte in den meisten davon belegt werden. Eine aktuelle Untersuchung von 2022 verglich beispielsweise einen probiotischen Reiniger, ein klassisches Desinfektionsmittel und ein herkömmliches Detergens, indem diese nacheinander jeweils drei Monate in Patientenzimmern einer neurologischen Station verwendet wurden [4]. Die relative Pathogenbelastung von Fußböden, Türgriffen und Waschbecken nahm mit allen drei Reinigern ähnlich stark ab. Interessanterweise sank jedoch bei Verwendung des probiotischen Reinigers der Anteil an Bakterien mit Antibiotikaresistenz-vermittelnden Genen signifikant stärker als mit den anderen beiden Strategien [4]. Herausforderung Biofilm: Einfache Seife schlägt probiotischen Reiniger Neben einzelnen, planktonischen Bakterien müssen sich Reinigungs- und Desinfektionsmittel jedoch vor allem gegenüber Biofilmen behaupten. Dies stellt eine große Herausforderung dar, denn die Bakterien in diesen „Lebensgemeinschaften“ werden durch die umgebende Polymermatrix teils vor antimikrobiellen Substanzen geschützt. Auch probiotische Reiniger haben Schwierigkeiten bei der Beseitigung und Inaktivierung von Bio-

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